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       # taz.de -- Entführte Jugendliche in Israel: Fieberhafte Suche
       
       > Unbekannte haben drei Jugendliche aus Siedlungen im Westjordanland
       > entführt. Israel reagiert mit Verhaftungen und einer großangelegten
       > Suche.
       
   IMG Bild: Iraelische Soldaten mit einer Drohne, die zur Suche nach den entführten Teenagern eingesetzt wird.
       
       JERUSALEM taz | Bei der Suche nach den drei entführten israelischen
       Teenagern tappt die Armee weiter im Dunkeln. Ein Großaufgebot von
       Sicherheitskräften durchkämmt seit dem Wochenende Hebron und die Umgebung
       der Stadt im Westjordanland. Dutzende Palästinenser wurden verhaftet.
       
       Am Donnerstagabend waren zwei 16-jährige und ein 19-jähriger Talmudschüler
       in der Siedlung Kfar Etzion, südlich von Bethlehem, in den Wagen ihrer
       Entführer gestiegen. Am Sonntag trat Rachel Frenkel, Mutter eines der
       Entführten, vor die Presse und wandte sich direkt an ihren Sohn Naftali:
       „Das Volk Israel stellt Welten auf den Kopf, um euch zu befreien.“ Rabbiner
       riefen am Abend zum Gebet an die Klagemauer.
       
       Einziger bislang bekannter Anhaltspunkt ist ein verbranntes Auto, das
       Anwohner im palästinensischen Dorf Dura der Polizei noch in der Nacht zum
       Freitag gemeldet hatten. Nach Informationen der israelischen
       Nachrichten-Webseite Walla sind etwa zeitgleich zum Beginn der Entführung
       zwei Hamas-Aktivisten verschwunden. Israels Sicherheitsapparat geht davon
       aus, dass die Entführer versuchen werden, ihre Geiseln entweder in den
       Gazastreifen oder in den Sinai zu schmuggeln, vorausgesetzt, die drei sind
       überhaupt noch am Leben.
       
       Ein glaubwürdiges Bekennerschreiben gab es bis Sonntag nicht. Ziel der
       Extremisten, die Regierungschef Benjamin Netanjahu der Hamas zurechnet,
       dürften jedoch Verhandlungen über einen Geiselaustausch sein. Möglich ist,
       dass die Drahtzie- her der Operation selbst hinter Gittern sitzen und vom
       Gefängnis aus das Kommando erteilten.
       
       ## Hamas gegen Sicherheitskooperation
       
       Vor drei Jahren gab Israel im Gegenzug für den fünf Jahre zuvor in den
       Gazastreifen verschleppten Soldaten Gilad Schalit über eintausend Häftlinge
       frei, die mehrheitlich der Hamas angehören. Im Unterschied zum
       Gazastreifen, aus dem Israel im Sommer 2005 abgezogen ist, steht das
       Westjordanland zu 80 Prozent noch immer unter Kontrolle der
       Besatzungsarmee. Die Stadt Hebron gehört nicht dazu. Das Vorstoßen der
       israelischen Truppen findet hier in Absprache mit der palästinensischen
       Regierung statt.
       
       Die Hamas appellierte an den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas,
       die Sicherheitskooperation mit Israel einzustellen. Im Gazastreifen feiern
       die Leute offen die gelungene Entführung der drei Israelis, wobei die Hamas
       bislang jedes Zutun abstreitet. Die Solidarität mit den eigenen Häftlingen
       gilt als Konsens. Auch im Westjordanland stößt die Entführung auf breite
       Zustimmung, vor allem da sich seit Ende April über einhundert inhaftierte
       Palästinenser aus Protest gegen die Administrativhaft im Hungerstreik
       befinden. 70 Männer mussten bereits ins Krankenhaus eingeliefert werden.
       
       Nach Ansicht Netanjahus steht die Entführung nicht mit dem Hungerstreik in
       Verbindung, sondern sie sei vielmehr Folge der vor zwei Wochen von Abbas
       gegründeten Einheitsregierung und seinem "Pakt mit der Hamas". Netanjahu
       macht die palästinensische Regierung für das Schicksal der Entführten
       verantwortlich. Für Abbas kommt das Verschwinden der drei jungen Israelis
       zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn es zwingt ihn dazu, Position
       entweder für das Bündnis mit der Hamas zu beziehen oder für eine
       Fortsetzung der Sicherheitskooperation mit Israel. Offenbar entzieht er
       sich vorläufig der Entscheidung, indem er zwar auf der Ebene der
       Geheimdienste mit Israel zusammenarbeitet, gleichzeitig aber ein
       öffentliches Auftreten und Verhaftungen durch die palästinensische Polizei
       vermeidet.
       
       15 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
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