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       # taz.de -- Die Marke Beckenbauer: Ein bissel blind
       
       > Der Kaiser ist ein Hansdampf auf allen Kontinenten. Wen interessiert da
       > schon diese läppische Sperre durch die Fifa. Nach Brasilien muss er eh
       > nicht.
       
   IMG Bild: Teflon-Franz: Alles perlt an ihm ab, alles ist ihm wurscht.
       
       Ja mei, der Franz, sagen sie. Ihr kennt’s ihn doch! Quatscht manchmal
       dummes Zeug, der Franz, des scho‘, aber kann man’s ihm übelnehmen? Eben.
       War schon immer so. Und wird immer so sein. Dem Franz kann keiner, egal wie
       viel Deppertes er von sich gibt. Der Franz ist eine Marke. Und wie er das
       macht: Nonchalant lässt er seine Kritiker ins Leere laufen. Wickelt sie ein
       mit seinem Giesinger Charme. Und seiner Selbstironie. Ja, wer hat denn auf
       dieser Ebene des Berühmtseins noch einen witzigen Bezug zu sich selbst,
       sagen sie.
       
       Dort oben sind sie ja meist besoffen von sich, von ihrer Wirkmacht und
       Strahlkraft. Ja, und strahlen kann der Franz schon auch, weswegen sie ihn
       ja auch Lichtgestalt nennen. Aber obwohl der Franz diesen ganzen Klunker
       daheim rumliegen hat, das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der
       Bundes-republik, den Laureus World Sports Award für sein Lebenswerk, den
       Jahrhundert-Verdienstorden der Fifa (!), den Persönlichen Preis des
       Bayerischen Ministerpräsidenten, den Millenniums-Bambi und auch die Goldene
       Sportpyramide hebt der Franz höchstens mit dem Flugzeug ab, sagen sie. Oder
       mit dem Hubschrauber wie 2006, als er zu jedem WM-Spiel eingeflogen wurde.
       
       Ohne den Franz ging’s halt nicht, den Orga-Chef. Er durfte nicht fehlen.
       Wäre sonst das Sommermärchen so schön erzählt worden? Eben. Der Franz war
       der Märchenonkel. Wer käme schon auf die Idee, ihn Herrn Beckenbauer zu
       nennen. Der Franz gehört allen. Man duzt ihn, weil er ja auch kann mit dem
       Volk. Spricht er nicht dessen Sprache? Eben. Der Franz ist jetzt halt ein
       bisschen von der Fifa gesperrt worden. Aber sind ja nur 90 Tage, sagen sie,
       danach ist er wieder der Alte. Ein Hansdampf auf allen Kontinenten.
       
       Brasilien kennt er eh schon zur Genüge. Da muss er nicht mehr unbedingt
       hin. Kann man auch verstehen, dass er einen Fragebogen nicht auf Englisch
       ausfüllen will. Da hätte die Fifa schon ein bissel flexibler sein müssen,
       dem Franz mehr entgegen kommen können. Und dass jetzt ausgerechnet dieser
       korrupte Haufen von Fußballfunktionären am Franz ein Exempel statuiert, das
       ist schon „lächerlich“ und ein „Aprilscherz“. Das hat der Franz gut
       erkannt. Da hätte man ja alle alten Säcke mit einem Bann belegen können und
       nicht nur den Franz. Die haben doch alle Dreck am Stecken, sagen sie, und
       der Franz hat noch das Beste draus gemacht. Für sich persönlich sowieso.
       
       ## Eingebrannt in die Hirne
       
       Das mit der Werbung läuft schon seit Jahrzehnten wie geschmiert. Ja, is‘
       denn schon Weihnachten und so. Das hat sich doch eingebrannt in die Hirne,
       so wie seine wunderbaren Pässe. Der Franz war ja nicht nur ein Stehgeiger,
       der war ein Zauberfuß. Gut, vielleicht hat er’s ein bissel übertrieben mit
       diesem ganzen Werbezeug und der Kontakterei. Gazprom ist nicht jedermanns
       Sache, mag sein. Und die Kungelei mit den Scheichs ist auch nicht so toll.
       Sie hat ihn ein bissel blind gemacht.
       
       Er hat dann sogar die Zwangsarbeiter in Katar nicht mehr erkannt auf seinen
       Reisen an den Golf. Und dass er auch zum Handlanger von Putin wurde, das
       hat das Millionenheer der Franz-Freunde schon irgendwie nachdenklich
       gemacht. Was treibt der Franz da nur, fragen sie.
       
       Aber wollen sie Hintergründe zu Franzens Wirken? Nö, wollen sie eher nicht.
       Viel interessanter ist da schon, dass sich der Franz einen Bart hat stehen
       lassen. In der Bild, natürlich, wo sonst, erklärt der Franz, warum ihm
       kürzlich ein „Henriquatre“ gewachsen ist und warum das Ding wieder ab
       musste. „Meine Frau Heidi und meine Tochter Francesca wollten den Bart
       nicht mehr so recht.“
       
       Ja, das sind die Infos, die das Fußballvolk verdaut wie eine gute
       Schweinshaxe. Wer will schon wissen, was dieser Bin Hammam oder der
       Medwedew alles anstellen in ihren lupenreinen Demokratien? Eben.
       Teflon-Franz, sagen ja manche sogar. Oder Franz Wurst. Alles perlt an ihm
       ab, alles ist ihm wurscht. Nichts bleibt haften. Nichts von seiner
       Steuer-Affäre in der 70ern, nichts von seiner Weihnachtsfeier-Schnackselei
       und auch nichts von seiner extremen Nähe zum Boulevard. Selbst die
       kritischen Geister unter den Schreiberlingen haben ja einen Narren am Franz
       gefressen.
       
       ## „Er wird abgeholt“
       
       Ist ja auch logisch, bei all der Coolness vom Franz, sagen sie. „Franz
       Beckenbauer steht an der Bahnsteigkante wie ein Kind, das seinem Schicksal
       vertraut. Er weiß, dass man ihn nicht im Stich lässt. Er wird abgeholt.
       Immer“, hat der Spiegel einmal geschrieben. Er wird auch immer gemocht. Die
       Deutschen lassen ihn nicht fallen, ihren Franz. Sie wissen doch eh, dass
       die Geschäfte der Großkopferten nicht ganz sauber sind.
       
       Wenn die Elite schon ein bissel korrupt ist, dann wollen sie wenigstens
       einen Korrupten mit Herz. Einen, der sie anspricht – und vergessen lässt,
       dass Fußball mehr ist als ein Spiel Elf gegen Elf. Ist nämlich auch ein
       Scheißbusiness, eine miese Geschäftemacherei, dieser Fußball, das wissen
       sie. Aber kann der Franz das ändern? Eben.
       
       15 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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