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       # taz.de -- Mossul im Nordirak: Die gequälte Stadt
       
       > Schikanen und Vernachlässigung durch die Regierung bereiteten den Boden
       > für die Extremisten. Vor allem im nordirakischen Mossul.
       
   IMG Bild: Allgegenwärtige Zerstörung: Mossul am 12. Juni 2014.
       
       ISTANBUL taz | Nach dem Einmarsch der sunnitischen Terrororganisation
       Islamischer Staat im Irak und Syrien (Isis) in Mossul sind rund eine halbe
       Million Menschen auf der Flucht. Dazu gehören auch alle der zuletzt noch
       verbliebenen 3.000 Christen der Stadt, berichtete der katholische
       Erzbischof Emil Schimund Nona nach Angaben der Nachrichtenagentur epd.
       
       Die Isis hat nun erstmals ein Gebiet unter ihrer Kontrolle, das von Syrien
       bis in den Irak reicht. Dabei war die malerisch am Tigris gelegene Stadt
       Mossul – wirtschaftliches Zentrum des Nordiraks mit rund zwei Millionen
       Einwohnern – schon unmittelbar nach dem Sturz des Despoten Saddam Hussein
       im Jahr 2003 ein Magnet für Untergrundkämpfer.
       
       Peschmerga, kurdische Kämpfer, nutzten das Vakuum, um die Stadt zu plündern
       und einen Gouverneur zu installieren, der bei den sunnitischen Arabern, die
       in der Region die Mehrheit bilden, verhasst war. Zudem stammten viele
       hochrangige Offiziere und Parteikader im Dienst des Regimes aus der Stadt.
       
       David Petraeus, der US-Kommandant von Mossul und spätere amerikanische
       Oberbefehlshaber im Irak, versuchte das Blatt zu wenden und die Sunniten zu
       integrieren. Dass der Versuch scheiterte, lag nicht nur am Widerstand der
       ehemaligen Oppositionellen. Der syrische Nachbar und Machthaber Baschar
       al-Assad ließ auch noch sunnitische Extremisten in den Irak einsickern.
       
       ## Nicht nur Syrien ist schuld
       
       Weite Teile der Gegend um Mossul fielen so an al-Qaida im Irak. Im November
       2004 brachten diese fast die gesamte Stadt unter ihre Kontrolle. Die
       irakischen Sicherheitskräfte überließen ihnen damals – wie heute – kampflos
       das Feld. Die US-Soldaten konnten die Kontrolle nur mühsam zurückgewinnen,
       zusammen mit irakischen Spezialeinheiten und Peschmerga.
       
       Die Lage blieb aber fragil. Während sich viele Sunniten dem politischen
       Prozess anschlossen, blieben die Extremisten in einem Teil des Umlands im
       Westen und Süden aktiv – und dehnten ihr Operationsgebiet nach Syrien aus.
       Im April 2013 nannte sich al-Qaida im Irak dann in Isis um.
       
       Den Grund für die Misere im Irak nur beim syrischen Nachbarn zu suchen, wie
       es Regierungschef Nuri al-Maliki tut, ist verfehlt: Mit seiner Politik
       gegenüber den Sunniten hat er wesentlich zum Erstarken der Extremisten
       beigetragen. Seit dem Abzug der Amerikaner setzt er ähnlich wie die
       US-Armee 2004 auf Massenverhaftung und Großrazzien.
       
       Die von Schiiten dominierten Sicherheitskräfte bringen so die Sunniten
       weiter gegen die Regierung auf – und sind nicht in der Lage, die
       zurückerkämpften Gebiete zu halten.
       
       Seit 2012 haben die Extremisten ihre Gegner mit Morden und mit massiver
       Erpressung von Geschäftsleuten eingeschüchtert und zugleich ihre
       Kriegskasse gefüllt. In Mossul erbeuteten sie Helikopter und gepanzerte
       Humvees.
       
       13 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Inga Rogg
       
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