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       # taz.de -- „Legal high“-Drogen: Pflanzendünger zum Rauchen
       
       > Behörden warnen vor gefährlichen „Kräutermischungen“. Doch der
       > Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes will den Verkauf nicht
       > bestrafen.
       
   IMG Bild: Mit der Kräutermischung „Spice“ fing die Debatte um „Legal high“-Drogen an.
       
       FREIBURG taz | Kann der Verkauf sogenannter Legal-high-Drogen nach dem
       Arzneimittelrecht bestraft werden? Darüber muss in zwei Fällen aus
       Deutschland der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Der unabhängige
       EuGH-Generalanwalt Yves Bot lehnte dies jetzt in seinem Schlussantrag ab.
       
       Legal-high-Drogen heißen so, weil ihre Inhaltsstoffe noch nicht im
       Betäubungsmittelgesetz erfasst sind. Meist geht es dabei um künstliche
       Cannabinoide, die beim Rauchen ähnliche Wirkungen wie Marihuana erzeugen.
       Sie werden für den Verkauf mit Kräutern versetzt und als Lufterfrischer,
       Pflanzendünger oder einfach nur Kräutermischung angeboten.
       
       Die Behörden wollen verhindern, dass derartige Drogen legal verkauft
       werden. Wie bei Marihuana könne auch der Konsum von künstlichen
       Cannabinoiden zu Konzentrationsstörungen und Paranoia führen. Weder seien
       die Inhaltsstoffe auf den Tütchen angegeben, noch könne sich der Konsument
       auf eine gleichbleibende Dosierung verlassen. Nach BKA-Angaben sind in
       Deutschland schon mindestens 13 Personen im Zusammenhang mit neuen
       psychoaktiven Substanzen gestorben, wobei die Kausalität nicht immer
       eindeutig sei. Außerdem habe es mehrere hundert Fälle „schwerer, mitunter
       lebensgefährlicher Intoxikationen“ (Vergiftungen infolge einer Überdosis
       oder Verunreinigung) gegeben.
       
       Solange eine Bestrafung der Händler nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht
       möglich ist, griffen Polizei und Justiz zu einem Trick und bezeichneten die
       Kräutermischungen als illegale Arzneimittel. Die „Legal Highs“ seien also
       entgegen der Werbung keineswegs erlaubt.
       
       ## Zustand der „Rechtsleere“
       
       Beim EuGH ging es zum einen um den Inhaber eines Hanfladens, der vom
       Landgericht Lüneburg zu einer Bewährungsstrafe von 21 Monaten verurteilt
       wurde. Im anderen Fall hatte das Landgericht Itzehoe den Betreiber eines
       Onlineshops sogar zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Beide hatten Legal
       Highs verkauft. Der Bundesgerichtshof wollte nun vom EuGH wissen, ob die
       Einstufung als Arzneimittel mit der EU-Arzneimittelrichtlinie vereinbar
       ist.
       
       Generalanwalt Yves Bot hat dies in seinem Gutachten verneint. Erforderlich
       sei, dass „einer Krankheit vorgebeugt oder eine Krankheit geheilt“ werden
       könne. Das bloße „Beeinflussen“ der körperlichen Befindlichkeit genüge
       nicht, sonst müsste man auch Wein, Salz und Zucker als Arzneimittel
       einstufen. Bot äußerste Verständnis für die Behörden, die versuchen, einen
       Zustand der „Rechtsleere“ zu vermeiden. Der gute Zweck könne aber eine
       „Verzerrung“ des Arzneimittelbegriffs nicht rechtfertigen. Der EuGH wird
       sein Urteil in einigen Monaten verkünden.
       
       Die Bundesregierung versucht zwar immer wieder, neue psychoaktive
       Substanzen in die Liste der strafbaren Betäubungsmittel aufzunehmen, doch
       werden diese alsbald durch andere Stoffe ersetzt. BKA-Chef Jörg Ziercke hat
       deshalb im letzten Herbst vorgeschlagen, ganze „Stoffgruppen“ und nicht nur
       einzelne Substanzen für strafbar zu erklären.
       
       13 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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