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       # taz.de -- Burschentag in Eisenach: Arme Schweine
       
       > Die Deutsche Burschenschaft hält ihr Verbandstreffen ab. Sie darf nicht
       > mehr auf die Wartburg, ihr schlägt nur noch Verachtung entgegen. Recht
       > so!
       
   IMG Bild: 2011 traf sich die Deutsche Burschenschaft in Eisenach noch zum Festakt auf der Wartburg.
       
       Liebe Burschenschaftler,
       
       es ist dieser Tage nicht leicht, einer von Euch zu sein. In die Wartburg
       will man Euch nicht mehr lassen, und nun soll Euch sogar die
       Gemeinnützigkeit abgesprochen werden. Kein Wunder, ist doch mit den Jahren
       der eigene Dachverband so weit nach rechts gerückt, dass es ungehindert ins
       Oberstübchen regnet, Euch die Vögel noch mehr als sonst ins Hirn scheißen
       und überhaupt ein Gegenwind weht, den Ihr reaktionären studentischen
       Sesselfurzer so nicht gewohnt seid. Und den Ihr in dieser Heftigkeit
       womöglich auch gar nicht verdient habt.
       
       Denn wer sich aus freien Stücken und nach Abwägung aller Argumente zum
       Beitritt in eine Burschenschaft entscheidet, ja, wer diese Möglichkeit auch
       nur ansatzweise in der Dunkelheit seines Herzens bewegt, der ist per
       definitionem schon eines der ärmsten Schweine unter der Sonne.
       
       Ist so. Und es ist nicht schwer, sich in Euch hineinzuversetzen. Weiche,
       weiße Wohlstandsbürgersöhnchen aus bestem, eben leistungsorientiertem und
       enstprechend unterkühltem Hause, plötzlich der Nestwärme des Internats
       beraubt und geworfen in die wilde Welt des Studentenlebens. In ein Milieu
       also, das Schnöseligkeit nicht einmal mehr in der juristischen Fakultät
       wirklich belohnt.
       
       In einem Städtchen womöglich, wo niemand mehr sich neben den Porsche
       Cayennes ihrer übermächtigen Väters in den Staub wirft und selbst die
       unsichtbaren Preisschildchen an den Edelklamotten ihre magische Wirkung
       verloren haben. Und was sucht, wer sich plötzlich fühlt wie Harry Potter
       ohne Zauberstab?
       
       ## Geborgenheit
       
       Halt. Zuspruch. Sicherheit. Geborgenheit. Ein Junge-Freiheit-Abo.
       Kameradschaft eben, der Blick in andere feiste Gesichter mit rosigen
       Wangen. Erkennen wollt Ihr Euch, wie Brüder, und keine Schlitzaugen oder
       Schwarze unter Euch dulden, die einfach nicht begreifen können, dass Sie
       nicht willkommen sind in Eurem Club der feisten Gesichter mit den rosigen
       Wangen.
       
       Auch sucht Ihr kein karges Kämmerchen im kalten Studentenwohnheim, sondern
       einen lichten Raum in einer gründerzeitlichen Villa in einem Garten mit
       Fahnenmast. Mast ist immer gut und fast so wichtig wie der verlorene Stab.
       
       Apropos Stab: Flattert die Fahne im Wind und steigt abends die Party,
       kommen überraschend viele BWL-Mädchen vorbei, um Euch und Eure Chancen im
       Leben ein wenig besser kennenzulernen. Diese Mädchen riechen und rasieren
       sich auch besser als jene auf den Asta-Parties. Es sind deutsche Mädchen,
       ihre schlanken Finger fahren den Saum der Schärpe entlang, und sie hauchen
       Dinge wie: „Cayenne? Echt jetzt?"
       
       Und wenn Euch das Parfum und der Alkohol zu Kopf steigt, habt ihr auf dem
       Klo diese speziellen Kotzbecken auf Hüfthöhe, mit Haltegriffen in der Wand.
       Gemeinsam pflegt Ihr, was Ihr für Traditionen haltet. Ehrwürdige
       Traditionen, mit denen ihr Euch ebenfalls besaufen würdet, gäbe es sie
       abgefüllt in Flaschen.
       
       ## Parasiten
       
       Wart Ihr das nicht auf der Wartburg, 1817? 1832 auf dem Hambacher Schloss?
       Auf den Barrikaden in Berlin 1848? Im Pulverdampf von Sedan 1871? Nein, das
       waren andere. Ihr seid nur erbärmliche Zwerge auf den Schultern von Riesen,
       die Euch abschütteln würden wie etwas Haariges mit acht Beinen, wüssten Sie
       von Eurer parasitären Existenz.
       
       Da helfen auch die alten Lieder nicht, die so kräftig klingen, wenn Ihr sie
       alle gemeinsam singt. Da helfen auch die Fackeln nicht, mit denen ihr
       Kriegerdenkmäler besucht. Da helfen auch die Hüte nicht, mit denen Ihr
       ausseht wie Pagen in einem Horrorfilm. Da helfen nicht einmal die
       erbaulichen Trinksprüche der „alten Herren“, die Kliniken für
       Schönheitschirurgie geführt haben im Taunus und sich ihrerseits noch mit
       Wehmut erinnern an „alte Herren“, die noch Offensiven geführt haben im
       Osten.
       
       Alte Herren, die mit Ihren Spenden die Villa erst möglich machen und diese
       Investition in die reinrassige Männlichkeit von Morgen bisher von der
       Steuer absetzen konnten. Weil Burschenschaften ja gemeinnützig sind. Und
       das sind sie wirklich, wie Tierheime auch. Irgendwo müssen die armen
       Schweine ja unterkommen.
       
       12 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Arno Frank
       
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