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       # taz.de -- Deutscher Moderator bei ONTV Egypt: Der Exot vor der Kamera
       
       > In Deutschland spricht er die Nachrichten bei n-tv, in Ägypten ist er
       > fast ein Star: Dort moderiert Constantin Schreiber zwei
       > Wissenschaftssendungen.
       
   IMG Bild: Moderator Constantin Schreiber auf einem Werbeplakat für seine Sendung im Kairoer Stadtbild.
       
       Wenn man Constantin Schreiber googelt, werden zuerst „privat“, „Freundin“
       und „verheiratet“ als Suchbegriffe vorgeschlagen. Eigentlich sollten dort
       eher Begriffe wie „Moderator“, „Nachrichten“ oder „n-tv“ stehen, denn
       zumindest in Deutschland ist er als Nachrichtensprecher und Nahost-Experte
       genau dort zu sehen. Das scheint seine Fans allerdings weniger zu
       interessieren. Seine Facebook-Pinnwand liest sich wie die eines Popstars:
       Glückwünsche, Liebesbekundungen, Verehrungen – die meisten Posts sind auf
       Arabisch. Denn Schreiber ist in Ägypten und Katar bekannter als in
       Deutschland.
       
       In Katar moderiert er die Sendung „Hotspot“ auf QatarTV, in Ägypten die
       Wissenschaftssendung „Scitech – Die Welt von Morgen“ auf dem Sender ONTV
       Egypt, einem mit RTL vergleichbarer Privatsender. 2011 wollte man dort ein
       neues Wissenschaftsmagazin etablieren. Die Macher von „Scitech“ gewannen
       die Ausschreibung, Schreiber setzte sich im Casting um den
       Moderationsposten durch. Dass der damalige Besitzer des Senders, der
       mittlerweile in der Schweiz ansässige Milliardär Naguib Sawiris,
       Deutschland mag und die Sendung vom Auswärtigen Amt finanziert wird, könnte
       dabei eine Rolle gespielt haben.
       
       Schreiber, der fließend Arabisch spricht, ist in Ägypten der Exot in der
       Fernsehlandschaft: groß, blond, blauäugig, smartes Lächeln, da bleibt man
       beim Durchzappen schon mal hängen, denn Moderatoren mit
       Migrationshintergrund gibt es im ägyptischen Fernsehen nicht: „Für die ist
       das, als wäre ich gerade aus einem UFO gestiegen. Ich bin der einzige
       Nichtaraber, der dort eine Sendung hat“, sagt Schreiber.
       
       Mit Themen wie erneuerbare Energien, Fahrrad statt Auto, Stadtentwicklung
       und Architektur erreicht er vor allem die 20- bis 30-Jährigen. „Ein
       Großteil der Ägypter will endlich ein Leben jenseits des Ausnahmezustands.
       Es fehlen – wie vor der Revolution – Jobs, Wohnungen, Perspektiven. Uns
       verschafft das zusätzlich Aufmerksamkeit, gerade bei jungen Menschen, weil
       die sich international orientieren“, sagt Schreiber.
       
       ## Alles, alles läuft über Soziale Medien
       
       „Und wir machen das Fahrradfahren populär. Das ist das neue große Ding in
       Ägypten. Gruppen Erwachsener belegen einen Anfängerkurs, steigen gemeinsam
       zum ersten Mal auf ein Fahrrad – und kippen erst mal um.“ Nun dürfte das
       nicht allein Schreibers Verdienst sein, aber immerhin hat seine Sendung
       mittlerweile 3,8 Millionen Zuschauer.
       
       Die Themen recherchiert Schreiber zusammen mit einem 10-köpfigen
       deutsch-ägyptischen Redaktionsteam und Journalisten von ONTV. Aufgezeichnet
       wird mal in Kairo, mal in Deutschland. Einmal im Monat wird eine neue
       Sendung ausgestrahlt, wöchentlich läuft eine Wiederholung.
       
       Dabei sind die Fernsehübertragungen für Schreibers Popularität gar nicht
       das Wichtigste: „Der Hauptverbreitungsweg geht über die sozialen Medien.
       Alles, alles wird dort getwittert und geliked. Dagegen ist Deutschland
       total hinterher. Während hier ein paar Journalisten Twitter für sich
       entdeckt haben, nennt sich da jede Hausfrau NOUR72 und teilt, was ihr
       gerade gefällt.“
       
       ## Weder Araber, noch Muslim
       
       Dementsprechend viel Feedback bekommt der Moderator auch auf Facebook. Da
       gibt es neben den klassischen Anfragen zum Inhalt der Sendung und
       Heiratsanfragen verliebter junger Frauen auch viele Araber aus Berlin die
       ihm schreiben, dass sie die Sendung gerne sehen. „Viele Mails gleichen
       sich: Vor allem die Frage, was mein Background sei, ob ich einen arabischen
       Vater habe, ob ich Muslim sei.“ Beides trifft übrigens nicht zu.
       
       „Mich haben auch schon Islam-Prediger von der ’wahren Religion‘
       kontaktiert, weil sie hofften, mich irgendwie einspannen zu können, und ein
       Imam hat mal geschrieben, dass er es schlimm findet, dass die Ungläubigen
       das Fernsehen infiltrieren.“
       
       Ab 20. Juni steht Schreiber in Kairo für die vierte Staffel von „Scitech“
       vor der Kamera – nicht das wird nicht das letzte Mal gewesen sein: Sein
       Team plant bereits die Sendungen bis 2016.
       
       13 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Niemann
       
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