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       # taz.de -- Vorhersage von Unwettern: Auf allen Kanälen
       
       > Auf Facebook, Youtube, über Wetter-Apps und Medien wurde vor den schweren
       > Gewittern gewarnt. Und doch kam die Nachricht für viele zu spät.
       
   IMG Bild: In Essen waren etliche Hauszugänge von umgestürzten Bäumen blockiert und mussten freigeräumt werden.
       
       BERLIN taz | Jörg Kachelmann lehnte sich weit aus dem Fenster. Der
       Westdeutsche Rundfunk habe zu spät auf das Rekordunwetter hingewiesen, das
       in der Nacht zum Dienstag in weiten Teilen des Landes gewütet hatte, sagte
       der ehemalige ARD-Wetteransager am Mittwoch.
       
       Deshalb müsse Intendant Tom Buhrow „einmal im Leben echte Verantwortung
       übernehmen“ und zurücktreten, forderte Kachelmann, der inzwischen einen
       Wetterkanal auf youtube betreibt. Er selbst habe bereits um acht Uhr früh
       via Twitter Unwetterwarnungen verbreitet.
       
       Das Unwetter hatte weite Teile des Landes mit Sturmböen von bis zu 145
       Stundenkilometern überzogen. Die Meteorologen zählten mehr als 20.000
       Blitze. Fünf Menschen starben, weil Bäume umstürzten oder abgerissene
       Stromleitungen wild durch die Gegend schlugen.
       
       Es entstand ein Schaden in zigfacher Millionenhöhe. Viele Bahnstrecken,
       Bahnhöfe und Autobahnen waren auch am Mittwoch nicht nutzbar. Vielerorts
       blieben Kitas und Schulen geschlossen, weil die Behörden die Wege nicht als
       sicher einstuften oder die Gebäude in Mitleidenschaft gezogen waren.
       
       Eine Sprecherin des WDR wies die Anschuldigungen Kachelmanns zurück. Man
       habe bereits ab 6 Uhr morgens Warnungen gesendet und sehe deshalb kein
       Versäumnis. Tatsächlich sind Unwetterwarnungen eine wichtige staatliche
       Aufgabe, die in Deutschland in erster Linie der Deutsche Wetterdienst (DWD)
       übertragen bekommen hat. Er hat den gesetzlichen Auftrag, die
       Öffentlichkeit zeitnah zu informieren.
       
       ## Sei der Facebook-Freund des DWD
       
       Dem kommt er nach, indem er Katastrophenschutz und Medienanstalten mithilfe
       eines mehrstufigen Warnsystems automatisch über Unwetterentwicklungen
       informiert, zum Teil im Minutentakt. Dabei geht es schon frühzeitig los:
       „Bevor wir Unwetterwarnungen heraugeben, veröffentlichen wir auf unserem
       Rechner normalerweise 24 Stunden vorher Warnhinweise über heranziehende
       Gewitterfronten, die im Laufe des Tages ständig aktualisiert werden und
       gleichzeitig an die Medien und den Katastrophenschutz gehen“, sagte Gerhard
       Lux, Pressesprecher des DWD. Längst werden zusätzlich auch die sozialen
       Medien wie Twitter und Facebook eingebunden. Mobiltelefonbesitzer können
       auf der DWD-Serviceseite einen SMS-Service abonnieren.
       
       So war es auch am Montag. „Zwar konnte man den Hagel, der über Köln und
       Umgebung einbrach, erst eine Stunde vorher ankündigen, doch Abonnenten
       unseres Newletters bekamen die Warnungen vor den Unwettern im Großraum
       Kölln zwei Stunden vorher auf ihr Handy oder ihren Computer geschickt“, so
       Lux. Die erste Warnung sei am Freitag über den DWD-Youtube-Kanal verbreitet
       worden. Am Wochenende hätten 55.000 Menschen die Entwicklungen verfolgt.
       „Und auf Facebook konnte man sich auch regelmäßg über die örtlichen
       Entwicklungen des Unwetters informieren.“
       
       Neben dem Deutschen Wetterdienst haben auch private Anbieter Wetterapps und
       Ticker entwickelt, die die vom deutschen Wetterdienst bereitgestellten
       Warnungen digital und möglichst zeitnah zu verbreiten versuchen. Dazu
       gehört die Wetterapp von Kachelmann. „Im Großen und Ganzen sind wir sehr
       zufrieden, wie die Unwetterankündigungen am Montag verlaufen sind“,
       resümiert Lux.
       
       ## Zu viel Ahnung vorgetäuscht
       
       Eberhard Reimer, Professor am Institut für Meterologie an der Freien
       Universität, sieht das anders. Seiner Meinung nach, warnen Experten in
       Deutschland oft zu oberflächlich und pauschal vor Unwettern. Er bezog sich
       dabei aber nicht auf den DWD, sondern auf die Meldungen der Radio- und
       Fernsehsender, die suggerierten, man wisse genau Bescheid.
       
       Hier solle man generell ausführlicher über Wetterlagen berichten und im
       regionalen Raum mehr Flexibilität lassen. „Vor allem Starkregen sind häufig
       sehr punktuell und vorab schwer zu lokalisieren. Wir werden nie so weit
       sein, dass wir vorhersagen, morgen um 12.00 Uhr wird es in
       Berlin-Wilmersdorf einen dicken Schauer geben“, so der Professor.
       
       11 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Laura Flierl
       
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