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       # taz.de -- Oranienplatz-Flüchtlinge in Berlin: Erste Abschiebung droht
       
       > Der Senat versprach den Protestierenden Abschiebeschutz. Nun bricht er
       > sein Wort: Am Donnerstag soll ein 27-Jähriger Deutschland verlassen.
       
   IMG Bild: Stimmt - Botschaft auf dem und vom Kreuzberger Oranienplatz.
       
       Abschiebungen bleiben während der Zeit der Einzelverfahren ausgesetzt:
       Genau so steht es in der Vereinbarung, die Flüchtlinge vom Oranienplatz im
       März mit der Berliner Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) getroffen
       haben. Nun soll der erste dieser Flüchtlinge abgeschoben werden. Das sagte
       am Dienstag dessen Rechtsanwältin Berenice Böhlo.
       
       Ihr Mandant sitze derzeit in der Justizvollzugsanstalt Volkstedt bei
       Eisleben, so die Berliner Anwältin. Der 27-Jährige habe im Mai bei der
       Ausländerbehörde von Burg in Sachsen-Anhalt seine Duldung verlängern
       wollen. Dabei sei er festgenommen worden. Am Donnerstag soll er nach
       Italien abgeschoben werden.
       
       Genau das ist nach Auffassung der Senatsverwaltung für Integration das
       Problem: Der Mann habe sich „aus dem Geltungsbereich des Abkommens heraus
       bewegt“, sagte die Berliner Integrationsbeauftragte Monika Lüke der taz.
       „Wir raten den Flüchtlingen, das nicht zu tun.“
       
       Der aus dem Niger stammende Mann sei seit März vergangenen Jahres in
       Deutschland und gehöre zu den vom Senat registrierten Flüchtlingen, für die
       die Vereinbarung mit Senatorin Kolat gelte, so Böhlo. Die Anwältin
       kritisiert auch, dass ihr Mandant zusammen mit Straftätern untergebracht
       sei. Dies verstoße gegen das Trennungsgebot der EU-Rückführungsrichtlinie.
       
       Der Fall sei der erste ihr bekannte Fall eines Flüchtlings vom
       Oranienplatz, der abgeschoben werden soll, sagte Diakonie-Sprecherin Lena
       Högemann. Kolats Zusage galt für insgesamt 326 Flüchtlinge, die teils
       monatelang auf dem Kreuzberger Oranienplatz oder in der besetzten
       ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule gegen die Asylpolitik Deutschlands und
       Europas demonstriert hatten. Registrierte Flüchtlinge erhielten die
       sogenannte O-Platz-Karte, mit der sie sich auch gegenüber der Polizei
       ausweisen können sollten.
       
       ## Protest des Bischofs
       
       Kirche und Diakonie hatten dem Senat bereits am Wochenende vorgeworfen,
       sich beim Umgang mit den Flüchtlingen nicht an die mit Kolat geschlossene
       Vereinbarung zu halten. Der evangelische Bischof Markus Dröge sagte am
       Sonntag, den inzwischen meist in Unterkünften lebenden Flüchtlingen sei
       zugesagt worden, „dass sie so lange ein Aufenthaltsrecht in Berlin haben,
       bis ihr jeweiliger Einzelfall juristisch geprüft ist“. Nun werde ihnen von
       der Polizei gesagt, „die ausgehandelte Vereinbarung hätte keine rechtliche
       Wirkung“ (taz berichtete).
       
       Anwältin Böhlo widerspricht dem. Die Zusagen der Senatorin hätten durchaus
       rechtliche Wirkung, „auch wenn die Innenverwaltung das offenbar nicht
       wahrhaben will“. Trotz der Vereinbarung zwischen Flüchtlingen und
       Integrationssenatorin weigere die sich, rechtliche Möglichkeiten der
       Flüchtinge neu zu prüfen. „Die Möglichkeit zu einer humanitären Duldung
       bestehen durchaus“, so Böhlo.
       
       Solche Duldungen könnte die Ausländerbehörde aussprechen, durch so genannte
       Umverteilung auch für Flüchtlinge wie den 27-jährigen aus Niger, die
       ursprünglich nicht in Berlin gemeldet waren. „Die Vereinbarung war ein
       Ausdruck dafür, dass eine Lösung für die Flüchtlingsgruppe gefunden werden
       sollte“, sagt Böhlo. Doch die rechtlichen Möglichkeiten dazu würden jetzt
       nicht genutzt.
       
       Aus der Senatsverwaltung für Inneres hieß es, man wolle den aktuellen Fall
       erst prüfen, bevor man eine Stellungnahme abgebe. Die Innenverwaltung halte
       sich aber „in jedem Detail“ an die Abmachung, so Henkels Pressesprecher
       Stefan Sukale: auch an die Vereinbarung der Aussetzung von Abschiebungen
       während der Einzelfallprüfungen. Mit denen soll diese Woche begonnen
       werden. (mit epd und dpa)
       
       10 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alke Wierth
       
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