URI: 
       # taz.de -- SWR-„Tatort“ aus Stuttgart: Undercover im Bau
       
       > Richy Müller ermittelt im Knast-Soziotop. Dort herrscht der „King“, der
       > Wärter gibt den Metzgershund und doch sind alle ein wenig lethargisch.
       
   IMG Bild: Undercover-Richy bei seinem Job als Gefängniswärter Peter Seiler.
       
       „Es ist gefährlich, auch wenn Sie ein erfahrener Profi sind“ – ziemlich
       große Worte, mit denen die Staatsanwaltschaft Thorsten Lannert (Richy
       Müller) seinen Auftrag erteilt: Der Stuttgarter Kommissar soll undercover
       in der Justizvollzugsanstalt Zuffenhausen ermitteln. Einem Mustergefängnis,
       hochmodern, seit sechs Jahren erst in Betrieb.
       
       Im letzten „Tatort“ vor der WM, äh Sommerpause, wird eine Frau erstochen in
       ihrer Wohnung aufgefunden. Die DNA-Spuren führen schnell zum Täter, ihr
       Ex-Mann Holger Drake (Tambet Tuisk) muss es gewesen sein. Der aber hat ein
       Bombenalibi: Er war zur Tatzeit in Zuffenhausen inhaftiert. Genau da, wo
       zwei Jahre zuvor schon mal ein Insasse verdächtigt wurde, während seiner
       Haft einen Mord begangen zu haben. Keine Frage, irgendetwas stinkt dort.
       
       Als „Peter Seiler“ wird Kommissar Lannert in die JVA geschleust. Er mischt
       sich unter die Knastfamilie, mimt den gehorsamen Vollzugsbeamten und
       versucht so, an Drake ranzukommen. Nur blöd, dass Gefängniswärter Schultz
       (Hans-Heinrich Hardt) dabei jedes Mal wie ein Metzgershund dazwischen geht.
       Komisch außerdem, dass der Verdächtige in seiner Zelle ein recht
       vergnügliches Leben führt, Koks und Damenbesuch inklusive.
       
       Während sein Kollege Sebastian Bootz (Felix Klare) draußen die Ermittlungen
       koordiniert, erkennt Lannert das korrupte System, das in der JVA
       Zuffenhausen wuchert. Dirigent dieser ganzen Sauerei ist Sicherheitschef
       Andreas Franke (Herbert Knaup) – ein chauvinistisches Arschloch (mit
       Verlaub), den alle nur den „King“ nennen. Und wer nett ist zum King, hat's
       ein wenig gemütlicher im Bau.
       
       ## Eine Milieustudie über das Gefängnisleben
       
       Mit „Freigang“ ist Regisseur Martin Eigler vor allem eine Milieustudie über
       das Leben im Knast gelungen. Ohne große Schnörkel zeigt er ein Soziotop,
       das nach eigenen Gesetzen funktioniert. In die Hose geht dabei nur die
       Darstellung der Gefängnisdirektorin: Völlig übertrieben schwäbelt sie sich
       durch den Film, bis rauskommt, dass sie um jeden Preis Kosten sparen
       wollte. Die knausrigen Schwaben – ernsthaft? Solche Klischeeklopfer gehen
       ja mal gar nicht.
       
       Ansonsten plätschert „Freigang“ ein wenig zu sehr vor sich hin. Lannert
       ermittelt drinnen, Bootz draußen, zwischendurch Lagebesprechung im
       Hinterzimmer eines Puffs und dann wieder von vorne. Ein Subplot? Nicht
       wirklich vorhanden. Die Figuren? Tun brav das, was man von ihnen erwartet.
       Erst gegen Ende ist's vorbei mit der Lethargie. Knasthund Schultz, der dem
       King die ganze Zeit aus der Hand frisst, entwickelt nämlich doch noch so
       etwas wie einen eigenen Willen.
       
       Kann man anschauen. Oder in der Fußballkneipe schon mal die Bänke
       warmsitzen.
       
       9 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Josef Wirnshofer
       
       ## TAGS
       
   DIR Tatort
   DIR Stuttgart
   DIR JVA
   DIR Schwerpunkt Korruption
   DIR Tatort
   DIR Tatort
   DIR Wien
   DIR Medienvielfalt
   DIR Tatort
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR SWR-„Tatort“ aus Stuttgart: Schöne Grüße aus 2017
       
       In einer sehr nahen Zukunft müssen sich die Kommissare Lannert und Bootz
       mit hyperintelligenter Analysesoftware herumschlagen.
       
   DIR Tatort aus der Schweiz: Paranoia und crazy Gattin
       
       Thematisch ein Mix aus Wikileaks in Kleinformat und dem Fall Gustl Mollath:
       Die Folge „Verfolgt“ gewinnt sogar im Duell mit dem Blumengießen.
       
   DIR Neuer „Tatort“ aus Wien: Alt und skrupellos
       
       Armut im Alter, Vater-Tochter-Dramen und Crystal Meth: Der ORF-Tatort
       „Paradies“, der die neue Saison eröffnet, will vieles auf einmal.
       
   DIR Medien in Europa: Das Monster lernt sprechen
       
       Europa braucht gemeinsame Erzählungen, um endlich zusammenzuwachsen. Und
       dafür braucht Europa eine gemeinsame Medienanstalt.
       
   DIR Neuer Tatort-Kommissar Fabian Hinrichs: „Ich brauche Partner, keine Chefs“
       
       Fabian Hinrichs kommt aus einer Polizisten-Familie, wollte aber nie einer
       sein. Jetzt wird er Kommissar im Franken-„Tatort“. Ein Gespräch über
       Hobbits und rote Ampeln.