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       # taz.de -- Verpackungsverordnung reformiert: Stärkung für die gelbe Tonne
       
       > Drogerieketten, Supermärkte oder Tankstellen konnten durch Tricks vor der
       > Verpackungsabgabe drücken. Das wird künftig nicht mehr möglich sein.
       
   IMG Bild: Demnächst verdienen die Entsorgungsunternehmen wieder mehr am gelben Sack.
       
       BERLIN taz | Man kennt es aus vielen Supermärkten. Am Eingang finden sich
       Müllbehälter für Plastik oder Pappe. Jedoch stellen Rossman, Edeka und Co.
       diese nicht in erster Linie aus Kundenfreundlichkeit auf, sondern um über
       die „Eigenrücknahme“ ihre Abgaben für Recylingsysteme wie den grünen Punkt
       zu senken. Dieser Praxis hat der Bundestag am Donnerstagabend mit einer
       Reform der Verpackungsverordnung Einhalt geboten.
       
       Die Möglichkeit durch eigene Rücknahmsysteme Kosten zu sparen, wird nun
       komplett gestrichen. Auch die Hürden für die sogenannten Branchenlösungen
       steigen. Die Lieferanten von Großkantinen und Krankenhäusern konnten
       bislang Gebühren sparen, wenn sie versicherten, dass sie ihre Joghurtbecher
       und ähnliche Abfälle selber entsorgen.
       
       Verpackungsmüll gehört in die gelbe Tonne. So will es die Verordnung über
       die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen von 1991. Damals
       waren die Kommunen mit der Entsorgung des Hausmülls überfordert. Deswegen
       beschloss die Bundesregierung, Hersteller und Vertreiber für die Rücknahme
       ihres Verpackungsmülls verantwortlich zu machen.
       
       Seither müssen Handel und Industrie angeben, wie viele Joghurtbecher oder
       Konservendosen sie produzieren. Entsprechend der Menge zahlen sie eine
       Gebühr, die in die Entsorgungs- und Recylingsysteme fließt. In Deutschland
       gibt es neun dieser sogenannten „dualen Systeme“. Am bekanntesten ist der
       Grüne Punk.
       
       ## Zahlen kleinrechnen
       
       Das Problem: Supermärkte und Tankestellen konnten ihre Zahlungen an die
       Systeme bisher kleinrechnen, indem sie für bestimmte Verpackungen die
       Entsorgung selbst organisierten. Sie stellten Sammelboxen auf, in die die
       Kunden nach dem Einkauf ihre Verpackungen werfen konnten.
       
       Den Müll ließen sie dann auf eigene Rechnung abholen und entsorgen. Je mehr
       sie selbst entsorgten, desto weniger Geld mussten sie an die
       Recylingsysteme zahlen. Die Händler waren verpflichtet, detailliert
       anzugeben, wo wie viele ihrer Verpackungen entsorgt wurden.
       
       Jedoch geschah die Entsorgung im Supermarkt oft nur auf dem Papier.
       Tatsächlich landete auch von diesem Abfallberg ein beträchtlicher Teil in
       der gelben Tonne, da die Kunden ihre Verpackungen nicht in die Geschäfte
       zurückbrachten. Sprich: Die Entsorger hatten die gleiche Menge Müll wie
       vorher, bekamen dafür aber weniger Geld.
       
       Norbert Völl, Pressesprecher des Grünen Punktes, begrüßt die Änderung.
       „Einige Händler haben immer mehr Verpackungen aus dem dualen System
       herausdefiniert, obwohl sie tatsächlich doch in die gelbe Tonne und die
       Sammelstellen für Papier und Altglas wanderten“ sagt er. Der nächste
       Schritt, um für mehr Recycling zu sorgen, sei nun die Einführung von
       gemeinsamen Wertstofftonnen, in die auch Materialien aus Plastik und Metall
       geworfen werden können, bei denen es sich nicht um Verpackungen handelt.
       
       ## Recyclingquoten zuz niedrig
       
       Thomas Fischer, Projektmanager für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen
       Umwelthilfe sieht die neue Verpackungsverordnung kritisch: „Die Änderungen
       haben eher ökonomische Grunde, grundsätzlichen Probleme wurden nicht
       gelöst.“ Er fordert, dass die Bundesregierung die Recyclingquoten erhöht.
       „Die gesetzliche Recyclingquote von Kunststoffverpackungen liegt bei 36
       Prozent. Tatsächlich werden etwa 40 Prozent recycelt. Nach dem heutigen
       Stand der Technik wären aber 60 bis 70 Prozent möglich.“
       
       Wie auch Völl fordert er die Einführung einer Wertstofftonne. „Bisher
       gehört ein Spielauto aus Plastik nicht in die gelbe Tonne, obwohl es
       problemlos recycelt werden könnte.“
       
       6 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Annika Waymann
       
       ## TAGS
       
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