URI: 
       # taz.de -- Aus dem Alltag einer Klofrau: "Die Männer können nicht zielen"
       
       > In der Halbzeit bei Fußballübertragungen ist es am schlimmsten: eine
       > Toilettenfrau über Pissoirverliebte und Klobürstenignoranz.
       
   IMG Bild: Wäre echt praktisch, wenn einfach überall so ein Klo rumstehen würde
       
       taz: Frau K., Sie arbeiten in einem Biergarten, in dem seit Jahren die
       Fußballweltmeisterschaften übertragen werden. Wie viele Leute kommen zu
       Ihnen aufs Klo, wenn der Laden voll ist? 
       
       Elfriede K.: Das habe ich nie gezählt. Würde ich gar nicht schaffen.
       Tausende. Die Männer gehen mindestens zehnmal auf Toilette. Manchmal habe
       ich das Gefühl, die gucken mehr ins Pissoir als auf die Leinwand.
       
       Interessant. 
       
       Die fangen zum Teil schon vor der Übertragung an zu trinken. Wenn es einmal
       anfängt zu laufen, dann läuft es. Ein halber Liter Bier reicht schon. Ich
       denke mir das so: Das Bier stimuliert die Blase und dann muss es immer
       weitergehen. Das sagen alle: Wenn ich einmal anfange, is’ aus.
       
       Wann ist am meisten Betrieb? 
       
       In der Halbzeit ist es natürlich richtig voll. Da stehen se dann in einer
       langen Schlange. Dann bin ich diejenige, die zur Eile treibt. Finanziell
       kommt da aber nicht viel rum. Die Leute sehen den Teller gar nicht, so voll
       ist es.
       
       Wie lange braucht der Mann, wie lange die Frau? 
       
       Ich würde sagen, ein Mann hat es in eineinhalb Minuten geschafft. Die Frau
       braucht drei.
       
       Sie machen den Job schon viele Jahre. Haben sich die Sitten im Laufe der
       Zeit verändert? 
       
       Die Respektlosigkeit meiner Person gegenüber wird immer größer. Dieses
       Nichtgrüßen. Ich bin nicht empfindlich, aber die Männer kommen rein, Handy
       am Ohr, die andere Hand am Schlitz. Dann haben sie keine Zeit zum Spülen.
       Ich muss laufend nachspülen, sonst riecht es so nach Urin. Und zielen
       können die Männer auch nicht. Es geht immer was daneben, vor allem, wenn
       sie ein bisschen was intus haben. Wenn ich euch ’ne Badewanne hinstelle,
       schafft ihr das trotzdem nicht, sage ich manchmal.
       
       Sie nehmen es mit Humor? 
       
       Auf alle Fälle. Manchmal unterhält man sich auch nett. Man muss immer ein
       freundliches Wort sagen. Ich mag es selbst nicht, wenn ich irgendwo aufs
       Klo gehe und da sitzt eine grimmige Klofrau. Aber ich werde oft mit der
       Arbeit verglichen. So’n bisschen abfällig immer: Das ist ja nur eine
       Klofrau. Wenn ich die Pissoirs saubermache, stellen sich manche einfach
       neben mich und pinkeln.
       
       Nehmen Sie das so hin? 
       
       Geduscht hab ich schon, sag ich dann meistens. Das ist einfach respektlos.
       Aber was soll ich machen? Der Besen steht quer vor der Tür – egal, die
       steigen drüber. Da wird nicht gefragt: Darf ich? Nix. Die lieben ihre
       Pissoirs, die Männer. Wenn ich die sperre, weil ich sie saubermachen will,
       warten die lieber oder gehen an den Baum, statt die Klos zu benutzen. Zu
       Hause haben sie doch auch kein Pissoir, und spülen tun sie dort doch auch.
       
       Was für einen Umgang würden Sie sich wünschen? 
       
       Eigentlich müssten sich die Leute doch sagen: Mensch, Respekt vor dieser
       Frau. Die wissen doch gar nicht, was ich in meinem Leben schon alles
       gemacht habe.
       
       Empfinden Sie noch Ekel? 
       
       Ja, natürlich. Der Geruch. Ich habe eine gute Nase und bin sehr
       geruchsempfindlich. Das kriegt man nur weg, wenn man ewig saubermacht.
       Spülen hinterher. Spülen, Spülen.
       
       Das klingt, als hätten Sie alle Hände voll zu tun. 
       
       Auf alle Fälle. Das ist harte körperliche Arbeit. Man muss immer schrubben.
       Wenn du nicht hinterher bist, ist ganz schnell Land unter.
       
       Wie muss man sich das vorstellen, Land unter? 
       
       Das Papier ist auf die Erde geworfen, alles vollgepullert, auch bei den
       Frauen. Wenn ich nicht aufpasse, sind die Frauen auch sehr schmutzig.
       
       Wie steht es mit dem Gebrauch der Klobürste? 
       
       Ach. Die nimmt ganz, ganz selten jemand. Dabei ist das eigentlich
       selbstverständlich. In meinen Augen ist das alles eine Frage von Erziehung
       und Kinderstube. Was Hänschen nicht gelernt hat, lernt Hans nimmermehr.
       
       Wie finden Sie es, wenn Menschen im Freien pinkeln? 
       
       Furchtbar. Ein Toilettengang ist was Intimes. Noch nicht mal meinen Ehemann
       habe ich reingelassen, wenn ich auf Toilette war. Baden, Duschen, das ist
       was anderes. Dazu kommt natürlich die Verschmutzung.
       
       Haben Sie auch mal im Freien gepinkelt? 
       
       Natürlich. Unterwegs auf Reisen – oder meistens nach der Diskothek, als ich
       noch jünger war. Wenn man ein Bierchen getrunken hatte, dann ging es
       irgendwann einfach nicht mehr, also ab in die Büsche rein. Einer hat dann
       aufgepasst, der andere hat gepullert.
       
       Dieses Interview ist Teil des Themenschwerpunkts in der aktuellen
       Wochenendausgabe der taz.berlin. In Ihrem Briefkasten und am Kiosk
       
       7 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Plutonia Plarre
       
       ## TAGS
       
   DIR Berlin
   DIR Fußball-WM
   DIR Fußballweltmeisterschaft
   DIR Toilette
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Öko-WCs in Deutschland: Klug scheißen
       
       Kompost-Toiletten auf Festivals stinken nicht, verbrauchen kein Wasser und
       erzeugen Humus. Der Besuch kostet allerdings zwei Euro.