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       # taz.de -- Doch Ermittlungen zur NSA: Nur Merkels Handy im Visier
       
       > Generalbundesanwalt Range will den Fall der Ausforschung des
       > Merkel-Handys unter die Lupe nehmen – damit gäbe es also doch
       > Ermittlungen zur NSA-Affäre.
       
   IMG Bild: Kein Verfahren im Fall des massenhaften Ausspähens von Bürgerdaten, aber volle Unterstützung in Sachen Kanzlerin-Handy.
       
       BERLIN dpa | Generalbundesanwalt Harald Range gibt am Mittwoch im
       Rechtsausschuss des Bundestags Auskunft über die NSA-Affäre. Die
       Anklagebehörde in Karlsruhe prüft seit Monaten Vorwürfe gegen den
       US-Geheimdienst National Security Agency und andere ausländische
       Nachrichtendienste. Sie sollen massenhaft Daten deutscher Bürger
       ausgeforscht haben. Auch das Handy von Kanzlerin Angela Merkel soll über
       Jahre abgehört worden sein. Der Rechtsausschuss tagt nichtöffentlich.
       
       Range will im Fall des abgehörten Merkel-Handys nach Medienberichten nun
       wohl doch ermitteln. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sowie der
       Sender NDR und WDR sollen Ermittlungen gegen Unbekannt wegen Spionage
       eingeleitet werden. Im Fall des massenhaften Ausspähens von Bürgerdaten
       wird es den Medien zufolge vorläufig kein Verfahren geben.
       
       Range habe sich gegen erhebliche Bedenken in seinem Haus durchgesetzt, um
       auf den starken öffentlichen Druck zu reagieren. Eine Sprecherin des
       Generalbundesanwalts wollte die Berichte am Dienstagabend nicht
       kommentieren. Range werde seine Entscheidung alsbald bekanntgeben und die
       Öffentlichkeit informieren.
       
       Wie die Medien weiter berichteten, hat die Bundesregierung bei einem
       Ermittlungsverfahren im Fall des Kanzlerinnen-Handys Unterstützung
       signalisiert. So soll Karlsruhe etwa bei Rechtshilfeersuchen an US-Stellen
       voll unterstützt werden - notfalls auch mit diplomatischem Druck auf die
       USA.
       
       ## Einige sind gleicher
       
       SPD und Grüne kritisierten, dass Range nur wegen des abgehörten Handys der
       Kanzlerin ermitteln will, nicht aber wegen des allgemeinen Ausspähens von
       Bundesbürgern durch die NSA.„ Eine Rechtspolitik nach dem Orwell-Motto
       'Alle Tiere sind gleich, aber einige sind gleicher als andere' kann nicht
       die Devise sein, wenn es um die massive und massenhafte Verletzung von
       Bürgerrechten geht“, sagte der SPD-Bundesvize Ralf Stegner zu Handelsblatt
       Online. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker
       Beck, forderte von der Justiz Schutz für alle Bürger.
       
       Nach Bild-Informationen gibt es genügend Hinweise, die darauf hindeuten,
       dass die US-Geheimdienste aktiv Mitarbeiter einsetzten, um das Mobiltelefon
       der Kanzlerin zu überwachen. Dies sei besonders brisant, weil die
       US-Regierung bisher immer den Eindruck erweckt habe, Merkels Handy wäre
       rein elektronisch überwacht worden, schreibt das Blatt. Somit gebe es einen
       klaren Verstoß gegen deutsches Recht auf deutschem Boden, nämlich
       sogenannte geheimdienstliche Agententätigkeit nach §99 Strafgesetzbuch.
       
       Aus internen Dokumenten geht laut Bild auch hervor, dass Range weiter
       beobachten will, ob ausländische Geheimdienste massenhaft Telefondaten
       deutscher Staatsbürger erheben. Dafür gebe es aber bisher nicht ausreichend
       Hinweise, um ein Strafverfahren einzuleiten. Aufgrund der NSA-Affäre wolle
       der Generalbundesanwalt eine neue Abteilung einrichten, die sich als
       Schwerpunkt mit Spionage im Internet beschäftigt, schreibt die Zeitung.
       
       Vor dem Auftritt Ranges im Bundestag forderten die Grünen von ihm
       NSA-Ermittlungen. „Dass der Generalbundesanwalt in der Pflicht ist, gegen
       einen solchen Verstoß vorzugehen, steht außer Frage“, sagte Innenexperte
       Konstantin von Notz. Der Bundesanwaltschaft liegen nach Angaben eines
       Sprechers Hunderte Anzeigen vor.
       
       ## Klage-Ankündigung in Sachen Snowden
       
       Unterdessen rückt im Streit über eine mögliche Vernehmung des ehemaligen
       NSA-Mitarbeiters Edward Snowden vor dem entsprechenden
       Untersuchungsausschusses eine Klage der Grünen näher. „Sobald klar ist,
       dass die Bundesregierung die Amtshilfe verweigert (...), werden wir unser
       Aufklärungsinteresse beim Bundesverfassungsgericht geltend machen“, sagte
       der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele.
       
       Der Ausschuss hat beschlossen, Snowden als Zeuge vernehmen zu wollen -
       unklar ist noch, wo und wie. Der US-Informant, der noch bis Ende Juli in
       Moskau Asyl genießt, hatte angekündigt, dann nach Brasilien gehen zu
       wollen. Laut den Grünen ist er aber auch bereit, in Deutschland auszusagen.
       Die Grünen begründen die Klage-Ankündigung mit einem neuen Schreiben der
       Bundesregierung an den NSA-Ausschuss.
       
       Ströbele sagte am Dienstag im Sender n-tv, er habe den Verdacht, die
       Bundesanwaltschaft wolle „das weiter vollenden, was die Bundesregierung
       schon praktiziert: Nämlich eine Aufklärung zu verhindern.“ Der Abgeordnete
       Patrick Sensburg (CDU), Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses,
       sagte indes bei n-tv: „Dass die Bundesregierung verfassungswidrig handelt,
       ist nicht richtig.
       
       Denn sie muss verschiedene Verfassungsinteressen abwägen, und diesen
       Abwägungsprozess hat sie dargestellt. Auf der einen Seite die erwähnten
       Rechte, Amtshilfe zu leisten (...) und auf der anderen Seite aber auch
       Außenbeziehungen (...).“ Die Regierung sei „bisher jedem Beweisauftrag
       ausführlich nachgekommen“.
       
       4 Jun 2014
       
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