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       # taz.de -- Entlassungen bei Tierfabrik-Hersteller: Weniger Putenställe für Putin
       
       > Die Auswirkungen der Ukraine-Krise reichen bis nach Niedersachsen. Beim
       > weltweit führenden Tierfabrik-Hersteller Big Dutchman wurden erste
       > Stellen gestrichen.
       
   IMG Bild: Verkauft sich krisenbedingt gerade nicht besonders gut in Russland: "Abferkelanlage" eines Schweinestalls
       
       HAMBURG taz | Aufgrund der Ukraine-Krise hat der niedersächsische
       Tierfabrik-Hersteller Big Dutchman 34 Angestellte entlassen. „Im
       vergangenen Halbjahr ist unser Umsatz um 15 Prozent eingebrochen“, sagt der
       Leiter für Kommunikation bei Big Dutchman, Andreas Böske – von 860 auf 730
       Millionen Euro. „Bis im September rechnen wir mit weiteren 15 Prozent
       Einbußen.“
       
       Big Dutchman ist der weltweit führende Hersteller von Hühner und
       Schweineställen. Ein Viertel seines Umsatzes erwirtschaftet das in Vechta
       angesiedelte Unternehmen in Russland und der Ukraine. „Die
       Investitionslaune in Russland ist derzeit sehr gering“, sagt Böske.
       
       Stefan Meister, Russland-Experte beim European Council on Foreign
       Relations, überrascht das nicht. „Bei russischen Unternehmern herrscht
       derzeit eine große Verunsicherung“, sagt er. Große Investitionen würden
       vorläufig zurückgestellt, die Aufträge gingen zurück. Verantwortlich dafür
       sei einerseits das Einbrechen der russischen Währung. Hauptverantwortlich
       macht Meister aber die Abschottungspolitik der Regierung. „Die politische
       Führung will ein autarkes Russland“, sagt er. „Tatsächlich aber schadet sie
       damit die eigene Wirtschaft.“ Stark betroffen sei davon insbesondere die
       Landwirtschaft.
       
       Verunsicherte Unternehmen in Russland 
       
       Russland ist nach den USA der wichtigste außereuropäische Abnehmer für
       niedersächsische Produkte. Die jetzige Situation macht denn auch nicht nur
       russische Unternehmer vorsichtig. „Wir spüren eine große Verunsicherung
       seitens der Unternehmer“, sagt Felix Jahn, Sprecher für Internationales im
       niedersächsischen Industrie und Handelskammertag. „Vor allem Unternehmen im
       Maschinen und Anlagenbau sind von der Krise betroffen.“
       
       So auch die Firma Arntjen Germany. Was Big Dutchman für Hühner und Schweine
       baut, macht die Rasteder Firma für Kühe. Das Unternehmen hatte unter
       anderem zwei Projekte auf der Krim, die es infolge der Krise einstellen
       musste. „In der Ukraine ist alles eingefroren“, kommentiert der
       Vertriebsleiter Andreas Bruns die Lage. Über Russland mache man sich bei
       Arntjen derweil noch keine Gedanken, sagt er weiter.
       
       Mit den Entlassungen ist Big Dutchman derweil noch ein Einzelfall. Denn der
       Standort Vechta leidet nicht nur unter der Krise im Osten. „Der
       westeuropäische Markt für unsere Stallanlagen ist gesättigt“, sagt Sprecher
       Böske. Eine Anpassung der EU-Stallnormen habe zwar kurzfristig Big
       Dutchmans Auftragsbücher gefüllt, inzwischen sei das Geschäft jedoch
       erlahmt. „Wir hatten gehofft, den Stellenabbau mit der laufenden
       Fluktuation aufzufangen“, sagt er. Mit der Krise seien die Kürzungen aber
       unausweichlich geworden.
       
       Goldgräberstimmung in China 
       
       In Russland mag die maue Investitionslust zwar die Exporte von Big Dutchman
       bremsen, weiter östlich hingegen herrscht Goldgräberstimmung: „China,
       Indien und Südostasien sind derzeit die wachstumsstärksten Regionen für
       uns“, sagt Böske. Der zunehmende Wohlstand einer aufstrebenden
       Mittelschicht treibt derzeit die chinesische Fleischnachfrage in die Höhe.
       
       Dies ist denn auch ein Hoffnungsschimmer für die entlassenen Angestellten.
       „Wir hoffen, für rund drei Viertel unserer Angestellten eine Lösung in
       einer unserer Zweigstellen zu finden“, sagt Böske. Die Gespräche mit den
       Mitarbeitern laufen derzeit. „Das kann sowohl in einer Zweigniederlassung
       in Deutschland sein als auch in Indien oder China“, sagt Böske. Auch wenn
       vielleicht nicht jeder der 34 Entlassenen Lust verspürt, den Wohnsitz
       Vechta gegen Shanghai zu tauschen.
       
       2 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Meret Michel
       
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