URI: 
       # taz.de -- Oranienplatz: Flüchtlinge drohen mit Protest
       
       > Die Caritas will eine Unterkunft bald schließen, doch es fehlen
       > Ersatzplätze. Deshalb erwägt ein Teil der Flüchtlinge sogar eine erneute
       > Besetzung des O-Platzes.
       
   IMG Bild: Bashir Zaharia fordert, der Senat solle sich an die Vereinbarung halten
       
       Ein Teil der Flüchtlinge vom Oranienplatz droht mit erneuter Besetzung
       desselben. „Der Senat muss sich an unsere Vereinbarung halten. Wir machen
       das auch“, sagte einer der Wortführer, Bashir Zaharia, am Freitag der taz.
       Auf seine Einladung trafen sich Dutzende Flüchtlinge am Nachmittag auf dem
       Platz. Ergebnis: Der Senat müsse mehr Flüchtlingen ermöglichen, Teil des
       gemeinsamen Abkommens zu werden. Zudem müssten die zugesagten Sprachkurse
       und Berufsberatungen rasch anfangen. Sonst würde der Protest wieder
       beginnen, so Zaharia.
       
       Im Kern besagt das Abkommen vom März, dass der Senat im Gegenzug für die
       Räumung des Oranienplatzes eine umfassende Einzelfallprüfung für bestimmte,
       auf einer Liste registrierte Flüchtlinge zusagt. Am Dienstag hatte der
       Senat die Liste für geschlossen erklärt, obwohl viele Flüchtlinge noch gar
       nicht draufstanden. Zaharia gilt als einer der wichtigsten Befürworter der
       Vereinbarung. Der Nigerianer war es auch, der den Abriss der Zelte im April
       mit anderen Flüchtlingen in die Hand nahm – weshalb er bei Gegnern des
       Abkommens als Verräter gilt.
       
       Grund für den aktuellen Zorn des Nigerianers ist die Ankündigung der
       Caritas von Mitte dieser Woche, dass die Flüchtlingsunterkunft in der
       Weddinger Residenzstraße zum 1. Juni geschlossen werde. Sie war
       übergangsweise als Winterhilfe für die Oranienplatz-Flüchtlinge
       eingerichtet worden und sollte ursprünglich nur bis Ende März bestehen.
       Nach dem Plan des Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso) sollten
       Zaharia und 80 andere Flüchtlinge auf zwei andere Heime in Neukölln und
       Spandau verteilt werden. Das aber würden sie nicht mit sich machen lassen,
       so Zaharia zur taz. „Sie wollen uns spalten, aber das wird ihnen nicht
       gelingen. Wir bleiben zusammen.“ Außerdem sei ihnen im Winter ein Heim in
       Kreuzberg in Aussicht gestellt worden.
       
       Dieses sei noch nicht bezugsfertig, so die Sprecherin der Sozialverwaltung,
       Regina Kneiding. Dennoch arbeite man fieberhaft daran, „dass die
       Flüchtlinge anderweitig untergebracht werden“ – alle zusammen. Dafür hat
       das Lageso nun noch zwei Wochen Zeit: So lange hält die Caritas das Heim in
       Wedding offen.
       
       Dass es mit der von Zaharia beschworenen Einigkeit der
       Oranienplatz-Flüchtlinge nicht mehr allzu weit her ist, zeigte sich am
       Freitag. Als die Gruppe um Zaharia auf der Südseite des Platzes hinter dem
       Versammlungszelt Bierbänke für das Treffen aufbaute, kamen einige
       Flüchtlinge von der Nordseite herüber – wo die Gegner des Senatsabkommens
       seit der Räumung eine Mahnwache abhalten – und brachen einen Streit vom
       Zaun. „Sie wollen nicht, dass ich hierherkomme“, erklärte Zaharia
       hinterher. „Aber dies ist und bleibt der Ort für unseren politischen
       Protest.“
       
       Kritik an dem Senatsabkommen gibt es von vielen Seiten. Im Bezirksamt von
       Friedrichshain-Kreuzberg ist man enttäuscht, dass sich der Senat auf einmal
       nicht mehr für die Flüchtlinge aus der besetzten Schule in der Ohlauer
       Straße zuständig fühlt. Daher habe man in dieser Woche mit dem lange
       geforderten Einbau weiterer Duschen begonnen, bestätigte Bürgermeisterin
       Monika Herrmann der taz. Die grüne Abgeordnete Canan Bayram moniert, dass
       die zugesagten Sprachkurse und Berufsberatungen noch nicht begonnen hätten.
       Auch häufen sich Berichte über Probleme der Oranienplatz-Leute mit der
       Polizei wegen Verstößen gegen das Ausländerrecht – was nach dem
       Senatsabkommen eigentlich nicht passieren sollte.
       
       30 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
   DIR Oranienplatz
   DIR Kreuzberg
   DIR Flüchtlinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA