# taz.de -- Kommentar Unruhen in Barcelona: Aufstand in der Geldmaschine
> In Barcelona dreht sich alles um den Tourismus. Dass die Stadt auch zum
> Wohnen da ist, geht dabei unter. Die Bürger sind das nun leid.
IMG Bild: Auf die Bürgerproteste reagiert die Autonomieregierung mit einem massiven Polizeieinsatz.
Seit Montag kommt der Stadtteil Sants rund um den Hauptbahnhof im
spanischen Barcelona nicht mehr zur Ruhe. Vier Nächte in Folge ist es zu
schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen.
Auslöser war die Räumung und der Abriss des selbstverwalteten Sozial- und
Kulturzentrums Can Vies. Das ehemalige U-Bahndepot, das seit 17 Jahren
allerlei Initiativen Heimat bietet, soll Grünflächen weichen. So will es
die konservativ-nationalistische Stadtverwaltung.
Die Räumung und der Abriss von Can Vies ist ein weiteres Beispiel für eine
Städteplanung, die die Bürger nicht einbezieht. Das hatte bereits Anfang
des Jahres in der nordkastilischen Stadt Burgos zu schweren
Auseinandersetzungen geführt hatte. Die Menschen sind es leid, dass über
sie hinweg entscheiden wird. Sie wollen mitreden, und sie haben ein Recht
darauf.
In Barcelona dreht sich alles um den Tourismus. Die Stadt ist eine
Geldmaschine für Hoteliers und Gastronomen und ganz nebenbei auch für
diejenigen, die die Baumaßnahmen ausführen. Die Stadt als Wohnraum, der den
Bedürfnissen der Bürger aller Altersgruppen gerecht wird, das sehen die
Konservativen dagegen nicht vor – egal ob sie wie die in Barcelona
regierende Convergència i Unió (CiU) katalanisch-nationalistisch sind oder
wie die Partido Popular (PP) in Burgos spanienweit agieren.
Die Stadtverwaltung redet sich jetzt damit heraus, es habe schließlich
Angebote gegeben, dem Sozioalzentrum „langfristig“ ein neue Bleibe zur
Verfügung zu stellen. „Langfristig“, als könne Kulturarbeit in einem
Stadtteil einfach so aus- und wieder eingeschaltet werden.
Als Antwort auf die Bürgerproteste schickt die Stadtverwaltung und
Autonomieregierung Polizeieinheiten. Diese wüten mit einer Gewalt, wie sie
selbst im Spanien der Krise überrascht. Friedliche Bürger werden bis hinein
in ihr Treppenhaus verfolgt und dort brutal zusammengeschlagen. Die
Verletzten gehen mittlerweile in die Dutzende.
Hinzu kommt eine unerträgliche nationalistische Propaganda. „Das
katalanische Volk ist friedlich“, erklärte der katalanische
Autonomiepräsident Artur Mas. Die Nachricht ist klar: Die Bürger in Sants
sind etwas Fremdes in einem gesunden, nach Unabhängigkeit strebenden Volk.
30 May 2014
## AUTOREN
DIR Reiner Wandler
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