# taz.de -- Gewerkschaftsaufruf beschlagnahmt: Razzia bei der IG Knast
> In der Justizvollzugsanstalt Tegel werden die Zellen zweier Insassen
> durchsucht, die eine Gewerkschaft gegründet haben.
IMG Bild: Mindestlohn hinter Gittern? Das fordern die Gewerkschaftler in der JVA Tegel.
Die Leitung der Justizvollzugsanstalt Tegel hat die Zellen zweier Häftlinge
durchsuchen lassen, die zuvor den Aufruf zur Gründung einer
Gefangenen-Gewerkschaft verbreitet hatten. Dies bestätigte Justizsprecherin
Lisa Jani am Donnerstag der taz. Auf dem mit einer Unterschriftenliste
verbundenen beschlagnahmten Aufruf sei die Einführung des Mindestlohns für
Gefangene und die Aufnahme in die Rentenversicherung gefordert worden.
„Gefangene haben bisher keine Lobby. Die schaffen wir uns mit der
Gefangenen-Gewerkschaft nun selber“, erklärt ihr Sprecher Oliver Rast in
der Presseerklärung zur Gründung. Rast, dessen Zelle durchsucht wurde, war
wegen Mitgliedschaft in der linksautonomen Militanten Gruppe (mg) zu einer
mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Gemeinsam mit einer kleinen
Gruppe Gefangener hat er die Gewerkschaftsgründung seit Monaten
vorbereitet.
Der Rechtsanwalt Sven Lindemann, der Rast juristisch vertritt, kritisierte
die Durchsuchung und betonte, dass die gewerkschaftlich engagierten
Häftlinge lediglich ihr Grundrecht wahrnehmen: Schließlich sei das in
Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes verankerte Recht auf
Koalitionsfreiheit auch im Gefängnis nicht aufgehoben.
Justizsprecherin Jani erklärte hingegen, dass jedwede politische
Aktivitäten, wozu auch das Sammeln von Unterschriften gehöre, zuvor mit der
Anstaltsleitung abzusprechen seien, „um der Gefahr vorzubeugen, dass es zur
einer Aufwiegelung“ komme. Das Vorgehen gegen die Gefangenen begründete
Jani mit dem Verstoß gegen diese Regel. Es sei nicht darum gegangen, die
Gründung einer Gefangenen-Gewerkschaft zu verhindern.
Die Gewerkschaft werde nach Aussage von Rast die Struktur eines nicht
rechtsfähigen Vereins haben. Damit soll der Bestand der Gewerkschaft
längerfristig gesichert werden. In der Vergangenheit waren kurzfristige
Gewerkschaftsgründungen meist dann beendet, wenn die Gründer das Gefängnis
verließen.
29 May 2014
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DIR Peter Nowak
DIR Plutonia Plarre
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