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       # taz.de -- Griechenland nach der Europawahl: Niederlage der Sparpolitik
       
       > Die Linkspartei von Alexis Tsipras triumphiert bei der Wahl und fordert
       > vorgezogene Neuwahlen. Regierungschef Samaras will davon nichts wissen.
       
   IMG Bild: „Wir haben eine Schlacht gewonnen.“ Alexis Tsipras und Rena Dourou am Wahlabend.
       
       ATHEN taz | Nach Auszählung von 95 Prozent der Wahlbezirke kommt das
       „Bündnis der radikalen Linken“ (SYRIZA) auf 26,5 Prozent der Stimmen,
       schickt damit sechs Abgeordnete ins EU-Parlament und verweist die
       konservative Regierungspartei von Ministerpräsident Antonis Samaras auf den
       zweiten Platz (22,8%, fünf Abgeordnete).
       
       „Erstmals in der Geschichte unseres Landes wird die Linke stärkste
       politische Kraft bei einer landesweiten Wahl“ erklärte Tsipras am
       Sonntagabend. Der SYRIZA-Erfolg in Griechenland sei ein Signal für den
       ganzen Kontinent: „Die Völker Europas feiern heute eine Niederlage der
       Sparpolitik in einem Land, das die europäische Führung zu Versuchskaninchen
       gemacht hat“ betonte der 40jährige.
       
       Wie erwartet, forderte Tsipras vorgezogene Parlamentswahlen, da die
       Links-Rechts-Koalition von Regierungschef Samaras ihre Legitimation
       verloren habe. Das sieht Regierungschef Samaras natürlich anders: „Das Volk
       hat eine deutliche Botschaft an die Regierung gesendet, aber auch die
       Opposition zurückgewiesen“ behauptete er am Sonntagabend. Schließlich habe
       die Linkspartei ihren Stimmenanteil im Vergleich zur Parlamentswahl 2012
       nicht steigern können, erklärte Samaras- und verschwieg dabei, dass seine
       eigene Partei im Vergleich zu 2012 fast 7 Punkte verloren hat. Jedenfalls
       wisse der Regierungschef „was geändert werden muss“ und er werde dies auch
       tun, versprach Samaras. Eine „deutliche Botschaft für einen
       Regierungswechsel“ sieht aber selbst das regierungsnahe Blatt Eleftheros
       Typos.
       
       Besser als erwartet konnten die mitregierenden Sozialisten abschneiden: Die
       Partei von Vizeregierungschef Evangelos Venizelos landete mit 8 Prozent der
       Stimmen auf dem vierten Platz und darf immerhin zwei Abgeordnete nach
       Brüssel schicken. Dennoch wird über eine Absetzung des Parteichefs
       spekuliert. Venizelos selbst versucht Zeit zu gewinnen und bereitet einen
       außerordentlichen Parteitag vor. Spekulationen über eine Rückkehr des
       einstigen Regierungschefs Papandreou an die Parteispitze werden nicht
       bestätigt, aber auch nicht ausdrücklich dementiert.
       
       ## Drei Nazis für Brüssel
       
       Zu den Gewinnern dieser Wahl gehört auch die Neonazi-Partei Goldene
       Morgenröte: Obwohl die Justiz gegen die Hälfte ihrer Parlamentsabgeordneten
       ermittelt, konnten die Rechtsextremen zulegen und aus der Europawahl als
       drittstärkste politische Kraft hervorgehen. Sie werden mit drei Sitzen im
       neuen EU-Parlament vertreten sein.
       
       Für Aufsehen sorgte auch die zweite Runde der griechischen Kommunal- und
       Regionalwahlen, die parallel zur Europawahl stattfanden. Besonders wichtig
       aus SYRIZA-Sicht: In Attika, dem größten Wahlkreis des Landes, feierte die
       Linkskandidatin Rena Dourou einen überraschenden Sieg gegen den
       sozialistischen Lokalgouverneur Jannis Sgouros, der auch von den
       Konservativen ausdrücklich unterstützt wurde.
       
       In der Hauptstadt Athen musste sich der SYRIZA-Kandidat Gavriil
       Sakellaridis dem amtierenden Bürgermeister Jorgos Kaminis allerdings knapp
       geschlagen geben. Bei sommerlichen Temperaturen feierten Tsipras, Dourou
       und Sakellaridis in der Nacht zum Montag gemeinsam den griechischen
       Linksrutsch vor Tausenden Anhängern in der Athener Innenstadt. Dabei
       versprach Tsipras: „Wir haben eine wichtige Schlacht gewonnen. Bald werden
       wir auch den Krieg für uns entscheiden“.
       
       26 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Papadimitriou
       
       ## TAGS
       
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