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       # taz.de -- Der Wahlabend: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       > Lucke ist die neue Frisur unter der Pickelhaube. Die Grünen aber haben
       > mit ihrer Europadifferenzierung immerhin die Stammwähler geholt.
       
   IMG Bild: Hat nicht geklappt für Seehofer, gleichzeitig rechts und links der CDU zu sein
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht am Wahlabend? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Mann über Bord! Also das Wahlergebnis der Piraten.
       
       Was wird besser am Montag nach der Wahl? 
       
       Die neue politische Kategorie „indirekt direkt gewählt“ – volkstümlich auch
       „ins Amt geschulzt“.
       
       Ist Bernd Lucke das neue Gesicht des deutschen Liberalismus? 
       
       So schlecht sollten Sie über den deutschen Liberalismus nicht reden. Lucke
       ist die neue Frisur unter der Pickelhaube. Die AfD hat bemerkenswert wenig
       – keine 7 Prozent – aus ihrem Elfer gemacht: Bei der Bundestagswahl wurden
       wir um das Thema Europa betrogen, vorweg die Springermedien trommeln seit
       Jahren gegen europäische Solidarität, und neue Parteien werden gern als
       authentischer empfunden. Dagegen näselt Lucke von einer „freiheitlichen
       Volkspartei“, was aber auch ein bisschen nach Jörg Haider klingt:
       größenwahnsinnig und gelogen.
       
       Welche Konsequenzen müssen wir aus dem AfD-Erfolg ziehen? 
       
       Das Geprahle mit den „80 Professoren“ bei der AfD sollte eine Debatte
       darüber anregen, warum wir beim Bafög knausern, bei den
       Professorengehältern jedoch jeden Sektenführer durchalimentieren, mit
       Staatsknete.
       
       Aber kommen wir denn mit so wenig Liberalismus aus? 
       
       Was bitte sollen wir denn mit drei liberalen Parteien? Also ökoliberal,
       national-ähem, und die wirtschaftsliberale FDP?
       
       Die CSU hat der Union geschadet. Haben die Bayern keine Lust mehr auf Horst
       Seehofer? 
       
       Der bekommt das klassische CSU-Kunststück, gleichzeitig rechts und links
       der CDU zu sein, schon länger nicht mehr hin. Das war bisher egal, mangels
       Alternativen.
       
       Hätten die Grünen solch ein Gesicht wie Martin Schulz haben müssen? 
       
       Können sie doch: Sie müssen ihn nun unterstützen und dafür verlangen, dass
       er seine Präsidentschaft nutzt, das Parlament zum Herrn des europäischen
       Verfahrens zu machen. Die Grünen haben sich zwischen proeuropäisch und
       europaskeptisch als europakonstruktiv durchlaviert. Das ist so kompliziert,
       dass man ganz sicher sein kann, ausschließlich Stammwähler zu aktivieren.
       Respekt – 10 Prozent!
       
       Wird Martin Schulz jetzt Kanzlerkandidat? 
       
       Bleibt es Angela Merkel? Gestern Abend brach ein 35 Jahre altes Gesetz,
       dass neue Parteien ausschließlich durch gefühlte Abspaltungen aus der SPD
       entstehen. AfD has come to stay, die FDP hat die Revanche zur Sicherheit
       gleich ohnmächtig angefangen. Das Cryptocampaigning der Union („Merkel
       quälen, Juncker wählen“) war nicht Fisch noch Fleisch. Merkel wurde einmal
       konkret: „Europa ist keine Sozialunion“. Gut zu wissen. Sie will nicht
       weiter nach links, sie kann nicht weiter nach rechts. Und in der CSU fingen
       gestern mit den ersten Hochrechnungen die Überlegungen zur Nachmerkelunion
       an. Die SPD sollte nun Gabriels coolen move leben, dass die Linke
       koalierbar sei. Sonst isses wumpe, ob Schulze oder Meier.
       
       Sind die Deutschen jetzt echte Europäer, oder lag die höhere
       Wahlbeteiligung an den Kommunalwahlen? 
       
       Immerhin war es erstmals auch eine personalisierte Wahl. Fürs erste
       „Spitzenkandidat gegen CDU-Rätselspaß“, doch immerhin. Und neben dem
       Kommunalwahleffekt kann man auch einfach mal sagen: Schönen Dank, es geht
       doch!
       
       Und gewinnt Borussia nächstes Mal die Champions League? 
       
       Wir machen ja traditionell ein Großkreutz, nebst
       Kevin-und-Verlust-Rechnung. Aus komplizierten Gründen (verheimlichte
       Haushaltslöcher, ungültig erklärte Wahlen) müssen wir Dortmunder derzeit
       circa jährlich neu den OB wählen. Jedes Mal Ulli Sierau von der SPD. Also …
       solange Großkreutz nicht antritt.
       
       FRAGEN: ULRIKE WINKELMANN
       
       26 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friedrich Küppersbusch
       
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