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       # taz.de -- Die Wahrheit: Tescovolution auf keltischen Inseln
       
       > Unabhängig vom Ausgang der Europawahlen kündigen sich in Irland
       > Umwälzungen an. Die Nahrungsmittelfirma Tesco greift nach der Macht.
       
       Wen schert das Ergebnis der Europawahlen? Ob Ukip, Labour oder Tories in
       Großbritannien, ob Fianna Fáil oder Fine Gael in Irland – es ist nur eine
       Momentaufnahme. Auf beiden Inseln stehen Veränderungen an, die sämtliche
       Parteien hinwegfegen werden. Die Rede ist von einer Tescovolution, an der
       die Supermarktkette Tesco arbeitet.
       
       Doch der Reihe nach. Tesco eröffnete den ersten Supermarkt 1929 in Edgware,
       den ersten Selbstbedienungsladen 1956. Heutzutage gibt es sogar
       Selbstbedienungskassen, an denen man seine Ware selbst einscannen muss.
       Macht man einen Fehler, kräht die Kasse: „Unerwartetes Objekt in der
       Einkaufstüte“, und schon gilt man bei den anderen Kunden als Ladendieb.
       
       Die meisten Filialen haben bis Mitternacht geöffnet, was günstig erscheint,
       will man spät eine spontane Party feiern. Doch weit gefehlt: Um 22 Uhr
       werden die Alkoholika hinter Sichtblenden versteckt, und der Tresen des
       Kundenservice, wo es die Kippen gibt, macht ebenfalls dicht. Wozu dann die
       späten Öffnungszeiten? Wer braucht schon um Mitternacht tiefgefrorene
       Erbsen oder Champignons?
       
       Doch das Unternehmen beschränkt sich nicht auf Lebensmittel. Kleidung,
       Autoreifen, Elektrogeräte und Benzin gehören ebenso dazu wie eine
       Plattenfirma, eine Telefongesellschaft, eine Bank und eine Telefonauskunft.
       Jedes achte Pfund, das in Großbritannien ausgegeben wird, fließt in Tescos
       Kassen. Das Unternehmen hat auf der Insel 3.370 Filialen, im Ausland sind
       es 3.376. Die gesamte Verkaufsfläche beträgt 10,67 Quadratkilometer. Damit
       ist Tesco mehr als fünf Mal so groß wie Monaco, vom Vatikanstaat ganz zu
       schweigen.
       
       Und in diese Richtung gehen auch die Überlegungen der Konzernspitze. Das
       Nachrichtenportal Waterford Whispers hat enthüllt, dass Tesco bereits im
       nächsten Jahr seine eigene Währung einführen will. Der „Tescon“ sei in den
       Firmenfarben Rot-Weiß-Blau gehalten. „Er zielt darauf ab, bis 2020 alle
       anderen Währungen zu ersetzen“, sagte Geschäftsführer Philip Clarke. Tesco
       kauft schon seit Jahren riesige Grundstücke in Großbritannien und Irland –
       nicht nur, um darauf weitere Tesco-Supermärkte zu bauen, sondern um die
       Konkurrenz daran zu hindern, welche zu bauen.
       
       Schätzungen nach sollen dem Unternehmen bereits 56 Prozent von
       Großbritannien und sogar 64 Prozent von Irland gehören. Bis 2025 sollen
       auch die restlichen Landesteile Irlands hinzukommen. Widerstand wird es
       nicht geben, da Tesco die Bankschulden übernehmen will. Großbritannien
       folgt 2030. Dem Vernehmen nach soll die Queen bereit sein, ihre Paläste zu
       veräußern, wenn der Konzern für die Instandhaltung aufkommt.
       
       Bis 2034 wird nach Schätzungen der Oxford University die gesamte
       Bevölkerung beider Länder bei Tesco angestellt sein, Arbeitslosigkeit wird
       es nicht mehr geben. Regierungen braucht man auch nicht mehr: Tescos
       Aufsichtsratsvorsitzender wird Präsident beziehungsweise König, der
       Geschäftsführer wird Premierminister. Und die irische Vereinigung kommt
       auch zustande. Die Insel heißt dann Tescolonien.
       
       25 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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