# taz.de -- Der Maidan in Kiew: „Putin, fick dich“
> Der Maidan war das Zentrum des Protestes in der Ukraine. Geblieben ist
> vor allem ein neuer Geschäftszweig. Verkauft werden nicht nur goldene
> Toiletten.
IMG Bild: Kiew: Putin mit Bombe als Hitlerbart.
KIEW taz | Die Atmosphäre auf dem Maidan im Zentrum der ukrainischen
Hauptstadt Kiew mutet bizarr an. Von der Protestbewegung Zehntausender, die
im Februar den Präsidenten Wiktor Janukowitsch zu Fall brachte und über
hundert Menschen das Leben kostete, ist nicht mehr viel übrig geblieben.
Ein paar Dutzend Zelte stehen noch auf dem Platz, die von Uniformierten
bewacht werden. Zwischen den Unterständen stapeln sich Autoreifen und
Pflastersteine, die wütende Demonstranten als Wurfgeschosse zweckentfremdet
hatten.
Grablichter und Fotos von Getöteten sind ein beliebtes Fotomotiv für
Touristen, die in einem der zahlreichen Straßencafés ihren Latte Macchiato
oder einen Cognac schlürfen. Das hochprozentige Kaltgetränk wird von
freundlichen Damen in landesüblicher Tracht in einem krimtatarischen
Restaurant serviert. Dort flimmern Videoclips von der Halbinsel Krim über
mehrere Bildschirme, deren Bewohner nach ihrem „freiwilligen“ Beitritt zur
Russischen Föderation im März jetzt ein besseres Leben erwartet.
Einen Schnelldurchlauf durch die jüngste Geschichte bieten auch die
zahlreichen Straßenhändler an ihren Ständen an. Neben bestickten Blusen,
blau-gelben Schirmmützen mit der Aufschrift „Ukraine“ sind hier auch
Europa-Fahnen, Flaggen der rechtsextremen Organisation Pravij Sektor
(Rechter Sektor) und T-Shirts mit der Aufschrift PTN-PNCH, was soviel wie
„Putin, fick dich“ bedeutet, erhältlich.
Besonders beliebt sind Magneten zum Preis von zehn Griwna (umgerechnet 70
Cent), die etwa halb so groß wie Fünf-Euro-Scheine sind. Darauf abgebildet
sind Aufnahmen von Menschenmassen und prügelnden Polizisten auf dem Maidan
versehen mit Aufschriften wie „Der Euro-Maidan ist Putins Albtraum“ oder
„In uns pulsiert das Blut der Helden“.
Auf anderen heißt es „Willkommen in Russland“, „Die Krim ist nicht
Russland“ und „Wie gut, dass ich kein Moskal (Schimpfwort für Russen) bin.“
Überhaupt: Russlands Präsident Wladimir Putin ist hier allgegenwärtig und
scheint sich nicht gerade besonderer Beliebtheit zu erfreuen. So zeigen
Magnete „Putler“, wie er von vielen in Kiew genannt wird, vor einem Galgen
und der Aufforderung: „Wowa, es muss sein!“ oder neben Adolf Hitler und der
Frage: „Wowa, warum hast du dich rasiert?“
Auch Janukowitsch scheint geschäftstüchtige Ukrainer inspiriert zu haben.
So gibt es kleine Goldbarren aus Plastik und goldene Miniaturtoiletten –
eine Anspielung auf die sagenhaften Reichtümer in Meschigorje, der
Luxusresidenz des geschassten Präsidenten. Wer will, kann sich auch auf
Fußmatten mit Janukowitschs Konterfei die Schuhe abputzen oder mit
entsprechend bedrucktem Toiltettenpapier den Hintern abwischen. Die
Endlosserviette läuft offensichtlich gut. „100 Packungen am Tag“, sagt ein
Händler und bietet sofort einen Sonderpreis an.
Ein paar Meter weiter steht die Konkurrenz, die ein schwarzes T-Shirt mit
der Aufschrift „Putin = Hitler“ trägt. Auf eine erstaunte Nachfrage zuckt
der junge Mann nur die Schultern und grinst. Hauptsache der Griwna rollt!
24 May 2014
## AUTOREN
DIR Barbara Oertel
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