# taz.de -- Kommentar Wilders-Pleite: Die Schraube überdreht
> Die Veröffentlichung der Exit-Polls war in der EU umstritten, in den
> Niederlanden nicht. Nach Wilders' Niederlage könnte das ein Signal sein.
IMG Bild: Unerwartetes Rückenzukehren: Wilders wählt
Von einer Entzauberung zu reden, wäre verfüht. Doch die unerwartete
Niederlage der niederländische Freiheitspartei bei den EU-Wahlen hat
Galionsfigur Wilders und seinen Jüngern hart zugesetzt.
Das vollmundig angekündigte politische Erdbeben ist damit einfach
ausgefallen, zumindest in seinem Epizentrum, den Niederlanden. Diese
wählten nämlich, sofern sich überhaupt jemand an die Urne bemühte, liberal.
Die Regierungspartei VVD sowie die D66, die als Konsens-Partei in der Mitte
des Spektrums seit Monaten im Aufwind sind, stellen die Gewinner der
Wahlen, neben den Christdemokraten. Allesamt sind dies Parteien, deren
sozialökonomisches Konzept im wesentlichen kompatibel ist mit den
Leitlinien des Brüsseler Austerität- Paradigmas.
Dass nun bis zu 65 Prozent der PVV-Wähler lieber zu Hause blieben, enthüllt
zweierlei: Sie wollen vor allem, dass Europa sich aus ihrem Vorgarten
raushält. Doch abschaffen, austreten, von innen aushöhlen, all diese
Schlüsselvokabeln der Wilders’schen Rhetorik, das ist ihnen zu viel.
Wilders machte sich vor zwei Tagen auf, um in Brüssel einen Stern aus der
EU- Flagge zu schneiden. Seinem Wahlovolk war selbst der Weg ins Wahllokal
zu weit – Anzeichen einer Schere, die auseinanderklafft.
## Bei nationalen Wahlen weiter vorne
Und es gibt mehr: Wer sich umhört im Land, trifft immer wieder auf
Menschen, die der PVV durchaus zustimmen, denen aber Wilders' rabiater
Tonfall und seine aufdringliche Agitation zu weit gehen. Der vermeintliche
Volkstribun übersieht im Eifer des Gefechts manchmal ein wesentliches
Merkmal seines Volks: nämlich, dass man gerne alles met mate tut, „in
Maßen“.
Just Wilders hat zuletzt mit seiner Polemik gegen Marokkaner die Schraube
überdreht. Grund zur Entwarnung ist das alles noch nicht. Am Tag der
Europa- Abstimmung gab es in den Niederlanden eine Umfrage zur Präferenz
bei einer Parlamentswahl. Dabei liegt die PVV weiter stabil in der
Spitzengruppe. Dieses Potential wird sie weiterhin abrufen können, sofern
es um etwas geht, das näher am eigenen Gartenzaun liegt.
Im Hinblick auf Europa ergibt sich nun eine interessante Konstellation: die
sofortige Veröffentlichung der Exit Polls – auf diesen basiert das
bisherige Ergebnis in den Niederlanden – war nicht nur ein Politikum,
sondern wurde auch als Exempel für die Selbstbehauptung gegenüber „Brüssel“
interpretiert, und zwar nicht nur von den Rechtspopulisten.
Sollte nun also ausgerechnet die Schlappe der PVV eine Signalwirkung nach
Europa haben?
23 May 2014
## AUTOREN
DIR Tobias Müller
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