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       # taz.de -- Henri-Nannen-Preis 2014: NSA-Enthüllung geehrt
       
       > Ein eindrückliches Gurlitt-Porträt, eine Rechercheleistung die
       > erschüttert und Gedanken zur Macht des Konsumenten: Einige Texte, die den
       > Henri-Nannen-Preis erhalten haben.
       
   IMG Bild: „Einfühlsam beobachtet, präzise und wertfrei formuliert“ – Lob der Jury für Özlem Gezers Reportage.
       
       HAMBURG dpa | NSA-Aufklärung, Gurlitt-Kunstsensation: Mit herausragenden
       Beiträgen zu diesen internationalen Themen haben Journalisten des
       Spiegel-Verlags bei der diesjährigen Verleihung des Henri-Nannen-Preises in
       Hamburg Auszeichnungen bekommen. Auch die Leistung der US-Journalistin
       Laura Poitras wurde gewürdigt, die direkt einen überschwänglichen Dank des
       früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden für ihre Recherchen
       bekam.
       
       „Guter Journalismus ist grundsätzlich für das Funktionieren unserer
       Gesellschaft“, sagte Gruner+Jahr-Vorstandschefin Julia Jäkel am
       Freitagabend. Ohne ihn wäre Demokratie nicht denkbar. Die mit insgesamt
       35.000 Euro dotierten Nannen-Preise in mehreren journalistischen Kategorien
       erinnern an den Gründer des Magazins Stern, Henri Nannen (1913-1996), das
       von G+J herausgegeben wird. Zum zehnten Jubiläum waren rund 1200 Gäste zur
       Gala gekommen.
       
       Die beste investigative Leistung erbrachte nach Auffassung der Nannen-Jury
       ein Journalisten-Team des Nachrichtenmagazins Der Spiegel und von Spiegel
       Online: Im Zuge der NSA-Geheimdienstaffäre deckten sie das Abhören des
       Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf. „Keine andere
       Enthüllung der jüngsten Zeit hat das deutsch-amerikanische Verhältnis
       derart erschüttert“, urteilten die Juroren – eine Rechercheleistung "von
       weltpolitischer Dimension".
       
       Mit den Spiegel-Journalisten kam Laura Poitras auf die Bühne – zum zweiten
       Mal an diesem Abend. Sie war an der Erstveröffentlichung von Dokumenten
       über die Arbeit des US-Geheimdienstes NSA beteiligt gewesen, wovon auch Der
       Spiegel profitierte. Der zugeschaltete frühere US-Geheimdienstler Edward
       Snowden lobte Poitras' Einsatz, ihre „riskante und gefährliche Arbeit“.
       
       Poitras, allein geehrt für ihren „selbstlosen Kampf um die Wahrheit und um
       die Pressefreiheit“, bezeichnete die NSA-Überwachung als das
       Erschreckendste, was ihr je begegnet sei. Sie kündigte an, in den
       NSA-Dokumenten steckten noch viele weitere Geschichten.
       
       ## Folterlager auf Sinai-Halbinsel
       
       Beeindruckt hat die Jury in der Kategorie Reportage das eindringliche
       Psychogramm des Münchner Kunstsammlers Cornelius Gurlitt, verfasst von der
       Spiegel-Journalistin Özlem Gezer. Der zurückgezogen lebende Mann hatte
       Gezer als einziger Journalistin Einblick in sein Leben gewährt –
       „einfühlsam beobachtet, präzise und wertfrei formuliert“, lobte die Jury
       den Text „Gurlitt - Die Liebe seines Lebens“. Bei ihm waren 1280 Bilder
       gefunden worden - darunter Gemälde von Picasso, Chagall, Matisse, Beckmann
       und Nolde -, was im November 2013 publik wurde. Hunderte Werke stehen im
       Verdacht, Nazi-Raubkunst zu sein. Gurlitt starb am 6. Mai im Alter von 81
       Jahren.
       
       Als bester Essayist wurde Wolfgang Uchatius von der Wochenzeitung Die Zeit
       für seine Gedanken zur Macht des Konsumenten mit einer Henri-Skulptur
       bedacht. Für die Zeitschrift Geo verfasste Malte Henk die beste
       Dokumentation; sie beleuchtet die Arbeit des Internationalen Roten Kreuzes.
       Moises Saman zeigte im Magazin der Süddeutschen Zeitung die beste
       Fotoreportage („Im Reich des Todes“) – über Folterlager auf der
       Sinai-Halbinsel.
       
       17 May 2014
       
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