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       # taz.de -- Schwermetall-Grenzwerte für Spielzeug: Arsen und Quietscheentchen
       
       > Die nationalen Grenzwerte sind meist zu lax, urteilt das EU-Gericht. Nun
       > muss sich Deutschland an europäische Limits für Schwermetalle in
       > Spielzeug halten.
       
   IMG Bild: Wie viele Giftstoffe wohl in diesen Trachten-Quietscheentchen stecken?
       
       BERLIN taz/afp/dpa | Deutschland muss dem Gericht der Europäischen Union
       zufolge seine Grenzwerte für mehrere gesundheitsschädliche Schwermetalle in
       Spielzeug den EU-Vorgaben anpassen. Die Limits der EU seien überwiegend
       strenger als die deutschen, wenn man die unterschiedlichen
       Bemessungsgrundlagen miteinander vergleiche, erklärten die Richter in einem
       am Mittwoch in Luxemburg verkündeten Urteil.
       
       Die Bundesregierung hatte argumentiert, dass die deutschen Vorschriften
       Kinder besser als die aktuelle EU-Spielzeugrichtlinie vor Blei, Barium,
       Antimon, Arsen und Quecksilber schützten. Die Stoffe gelten teils als
       krebserregend oder können die Intelligenz verschlechtern.
       
       Auf den ersten Blick erscheinen die deutschen Grenzwerte tatsächlich
       niedriger als die der EU. Doch die Limits der Bundesrepublik basieren auf
       der sogenannten Bioverfügbarkeit. Sie beschreibt die maximal zulässige
       Menge einer Chemikalie, die beim Spielen in den menschlichen Körper
       gelangen darf. Zudem gelten diese Grenzwerte ungeachtet der Konsistenz des
       Materials für alle Spielzeugarten.
       
       Die EU legt dagegen sogenannte Migrationsgrenzwerte fest – also die Menge
       eines Schadstoffes, die durch ein Spielzeug freigesetzt werden kann, bevor
       er vom Kind aufgenommen wird. Dabei wird noch unterschieden, ob es sich
       etwa um trockene, brüchige, flüssige oder abgeschabte Materialien handelt.
       
       ## Strenger bei „abgeschabtem Material“
       
       Dem Gericht zufolge geht aus einem Datenvergleich hervor, dass die
       umgerechneten deutschen Grenzwerte für „flüssige, haftende, trockene,
       brüchige, staubförmige oder geschmeidige Materialien“ deutlich laxer sind
       als die EU-Limits. Nur bei „abgeschabten Materialien“ seien die deutschen
       Grenzen strenger. Abgeschabtes Material sei für Kinder aber schwerer
       zugänglich als trockenes und flüssiges. Deutschland darf allerdings seine
       Grenzwerte für Blei wegen Begründungsfehlern der EU-Kommission beibehalten.
       
       Die Grünen, die Linke und die Umweltorganisation BUND bedauerten die
       Gerichtsentscheidung, weil sie die deutschen Grenzwerte für schärfer
       halten. Eine genaue Begründung für diese Einschätzung der Limits blieben
       sie aber schuldig. Der Deutsche Verband der Spielwaren-Industrie begrüßte
       das Urteil, da die neue Richtlinie differenzierter sei als die alte
       Regelung. Geschäftsführer Ulrich Brobeil sagte der taz: „Die
       Spielwarenhersteller haben sich an die alte Regel gehalten und werden sich
       an die neue Regel halten.“
       
       Sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung können den
       Richterspruch noch anfechten. Die Kommission zeigte sich aber sehr
       zufrieden. Ein Sprecher des Bundesverbraucherministeriums kündigte
       lediglich an, das Urteil genau zu prüfen.
       
       14 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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