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       # taz.de -- Asyl: Ein Obdach nur an der Kirche
       
       > Die afrikanischen Flüchtlinge vom Alexanderplatz haben ihren Hungerstreik
       > beendet und sind zur Gedächtniskirche umgezogen – ihr Wunsch nach
       > Kirchenasyl dort wurde abgelehnt
       
   IMG Bild: Weiterhin ohne Perspektive: Einer der Flüchtlinge, die zuvor am Alexanderplatz im Hungerstreik waren, vor der Gedächtniskirche
       
       Die Flüchtlinge vom Alexanderplatz hatten am Sonntag ihren Hunger- und
       Durststreik aufgegeben. Elf der ursprünglich 14 Afrikaner, die in
       Sachsen-Anhalt und Sachsen Asylantrag gstellt haben, sind jetzt
       weitergezogen: nun haben sie vor der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz
       Quartier genommen, unter einem Baugerüst. Die Polizei schreitet nicht ein.
       Das Grundstück gehöre der Kirche, und solange diese die Flüchtlinge dulde,
       bestehe kein polizeilicher Handlungsbedarf, sagte ein Sprecher.
       
       Eigentlich wollten die elf Männer, die länger als eine Woche am
       Alexanderplatz unter freiem Himmel ausgeharrt hatten, in die Kirche
       umziehen, um wieder ein Dach über dem Kopf zu haben, und Kirchenasyl
       bekommen. Das hatte Pfarrer Martin Germer ihnen verwehrt. „Wir wissen
       nichts über die Flüchtlinge“, sagte er dem evangelischen Pressedienst.
       Deshalb lägen die Voraussetzungen für ein Kirchenasyl nicht vor. Gegenüber
       dem linken Abgeordneten Hakan Tas sagte Germer, seine Kirche sei für ein
       Kirchenasyl nicht geeignet, weil sie täglich von tausenden Touristen
       besucht werde.
       
       Die Kirchengemeinde versorgt die Afrikaner allerdings mit Getränken und hat
       ihnen am Montag ein Gespräch angeboten. Das Gespräch hielt bei
       Redaktionsschluss noch an. Die Flüchtlinge zeigten sich sehr enttäuscht
       über die ihrer Ansicht nach geringe Unterstützung durch die Kirche.
       
       ## Hungerstreik nur unterbrochen
       
       Die Forderungen der Flüchtlinge haben sich inzwischen individualisiert. Sie
       fordern nicht mehr allgemein andere Asylgesetze, sondern ein individuelles
       Bleiberecht für sich sowie ein Recht auf Arbeit und Bildung. „Wir wollen
       dieselben Rechte wie Deutsche haben“, erklärte einer der Männer am Montag.
       Ihren Hungerstreik hätten sie lediglich unterbrochen. Sie seien bereit, ihn
       wieder aufzunehmen, wenn sie kein Bleiberecht erhalten.
       
       Heike Krohn von der evangelischen Landeskirche erklärte, Anliegen und die
       politischen Forderungen der Flüchtlinge seien zwar verständlich. Jedoch
       seien ihre Abschiebungsbedrohung und mögliche Restriktionen in den
       Herkunftsländern wenig bekannt. „Die Voraussetzungen für Kirchenasyl sind
       eine drohende Abschiebung, obwohl noch nicht alle rechtlichen Möglichkeiten
       ausgeschöpft sind. Kirchenasyl ist die zeitlich befristete Aufnahme von
       Flüchtlingen in Kirchengemeinden, denen bei Abschiebung in ihr
       Herkunftsland Folter oder Tod“ oder andere inhumane Härten drohen. Ob das
       so sei, könne man nur im Dialog mit den Flüchtlingen klären. Diese wiederum
       haben Angst, ihre Identität offen zu legen, bevor sie eine Schutzzusage
       haben.
       
       ## Weniger Kirchenasyle
       
       Nach Informationen der taz hat sich die Landeskirche bereits am Samstag
       darum bemüht, eine Kirchengemeinde zu finden, die den Männern Obdach
       gewährt. Das gelang nicht. Kirchenasyl gewähren derzeit lediglich fünf
       evangelische Berliner Kirchengemeinden, sagt Hannah Reckhaus von „Asyl in
       der Kirche“ der taz. In den 1980er Jahren waren es einmal 50.
       
       Reckhaus nennt die Schwierigkeiten: Es müssten kirchliche Räume vorhanden
       sein, in denen Flüchtlinge über Monate oder sogar Jahre wohnen könnten.
       Dann muss die Gemeinde für den Lebensunterhalt und die medizinische
       Versorgung ihrer Patenkinder aufkommen, auch das über Monate oder Jahre.
       
       Bischof Markus Dröge hatte vergangenen Sommer einen Brief an alle Gemeinden
       geschrieben, mit dem Ziel, sich für Kirchenasyle zu öffnen. „Viele
       Gemeinden haben sich gemeldet, aber oft fehlen praktische Voraussetzungen,“
       sagt Hannah Reckhaus. Oder aber die Gemeinden engagieren sich bereits für
       ein Flüchtlingsheim in der Nachbarschaft, und das binde ihre Kapazitäten.
       
       12 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
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