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       # taz.de -- CDU-Politiker Mißfelder: Mit Rüffel davongekommen
       
       > Der einst scharfe Putin-Kritiker Mißfelder feiert neuerdings gerne mit
       > dem „Diktator“, wie er ihn einst nannte. Dafür muss er sich vor der
       > Unionsfraktion erklären.
       
   IMG Bild: Das wird jetzt unangenehm: Philipp Mißfelder vor Beginn der Fraktionssitzung
       
       BERLIN taz | Bevor die Sitzung beginnt, strömen die Abgeordneten von CDU
       und CSU in den Sitzungssaal. Es geht darum, die Reihen zu schließen. Welche
       Anträge bringt die Unionsfraktion in dieser Woche in den Bundestag ein, wer
       spricht wozu, wie sollten die Abgeordneten abstimmen? All dies wird
       erörtert. An diesem Dienstag aber gibt es bei CDU und CSU auch das Thema
       Philipp Mißfelder.
       
       Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion soll erklären, warum
       ausgerechnet er vor Wochenfrist mit Exbundeskanzler Gerhard Schröder zu
       dessen Geburtstagssause nach Sankt Petersburg gereist ist. Ein Termin, bei
       dem Wladimir Putin unter den Gratulanten war - jener Mann, mit dem der
       Westen gerade im Ukraine-Konflikt steht. Als hernach herauskam, dass auch
       CDU-Mann Mißfelder unter den Gästen war, war das Entsetzen unter den
       Konservativen groß.
       
       Fraktionschef Volker Kauder bestellte den 34-Jährigen ein: ein Rüffel. Dass
       der aber, wie es einige in der Fraktion wünschten, seinen Sprecherposten
       räumen muss, soll kein Thema gewesen sein. Nun soll sich Mißfelder noch
       einmal vor der Fraktion rechtfertigen. Verloren sitzt er in der sechsten
       Reihe, die Unterarme still übereinandergelegt. Erst kurz vor Sitzungsbeginn
       werden sich drei junge Abgeordnete zu ihm stellen. Jeder weiß: Das wird
       jetzt unangenehm.
       
       Dass es so weit gekommen ist, liegt wohl auch daran, dass Mißfelder via
       Bild-Zeitung versucht hatte, den Petersburg-Trip als Privatreise zu
       etikettieren, die er genutzt habe, um sich bei Wladimir Putin um die
       Freilassung der entführten OSZE-Beobachter zu bemühen. Also eine Art
       Häppchen-Diplomatie, weil man gerade gemütlich beisammensteht.
       
       ## „Schon befremdlich“
       
       Eine Rechtfertigung, die bei der Opposition geteilte Reaktionen weckt.
       Mißfelders Koausschussvorsitzender Omid Nouripur von den Grünen sagt der
       taz, es sei „schon befremdlich, wenn die deutsche Außenpolitik um
       Druckmittel gegen Präsident Putin ringt, während der außenpolitische
       Sprecher der größten Fraktion mit Putin auf einer Geburtstagsfeier ist.“
       Stefan Liebich, außenpolitischer Sprecher der Linken, meint, Mißfelder habe
       „in seiner bisherigen Karriere schon viele fragwürdige Dinge getan. Die
       Gelegenheit genutzt zu haben, mit dem russischen Präsidenten zu sprechen,
       zähle ich ausdrücklich nicht dazu.“
       
       Mißfelders Parteifreunde sehen das anders. Der Recklinghausener - man kann
       es am Unmut in der Fraktion ablesen - hat nicht viele Verbündete. Zwar gilt
       der Historiker als karrieretechnisch gut vernetzt, aber nicht einmal in
       seinem eigenen Landesverband ist man ihm allzu hold. Beim Landesparteitag
       am vorletzten Wochenende wählten ihn gerade mal 64,7 Prozent zum
       Schatzmeister, in ein Amt, bei dem man froh ist, wenns jemand macht.
       
       Mißfelder, der konservative Kohl-Jünger, dem nachgesagt wird, er warte auf
       die Zeit nach Merkel, ist seit sage und schreibe zwölf Jahren Vorsitzender
       der Jungen Union. Erst im kommenden September wird er das Amt räumen, aus
       Altersgründen.
       
       Gegen Mißfelder wird von seinen Gegnern zudem eine gewisse Wendehalsigkeit
       ins Feld geführt. Der einst scharfe Putin-Kritiker feiert neuerdings nicht
       nur gerne mit dem "Diktator", wie er ihn einst nannte. Seit Kurzem, so ist
       seiner Bundestag-Biografie zu entnehmen, ist er Vorstandsmitglied im
       Deutsch-Russischen Forum, einem Verein, in dem mehr als die Hälfte der
       dreißig DAX-Unternehmen vertreten sind. Dies könnte erklären, warum
       Mißfelder zum 1. April nach nur drei Monaten seinen Posten als
       Amerika-Beauftragter beim Auswärtigen Amt aufgegeben hatte. Den CDU-Mann
       zieht es augenscheinlich Richtung Osten.
       
       6 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
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