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       # taz.de -- Elbphilharmonische Wirrungen: Goldesel ohne Not
       
       > Stadt finanziert Luxushotel, dabei gab es laut Abschlussbericht des
       > Untersuchungsausschusses Alternativen.
       
   IMG Bild: Schön teuer.
       
       HAMBURG taz | Es hätte eine gleichberechtigte Partnerschaft werden sollen,
       eine Versorger-Ehe oder zumindest eine launige WG: die Stadt Hamburg und
       ein privater Investor – Hochtief-Tochter Adamanta –, die zusammen eine
       schöne neue Elbphilharmonie bauen.
       
       Für deren Gestaltung hatten die Architekten Herzog & de Meuron – das
       rekapituliert der jetzt vorgelegte Bericht des Parlamentarischen
       Untersuchungsausschusses (PUA) – eine multifunktionale Nutzung
       vorgeschlagen. Da der Konzertsaal nämlich wie ein Nest im Inneren des
       Glaskolosses schlummern sollte, lag es nahe, drum herum Wohnungen, ein
       Luxushotel, Gastronomie und ein Parkhaus zu bauen, auf dass Gäste und
       Bewohner in Tuchfühlung zur Kultur leben könnten.
       
       ## Raffiniertes PPP
       
       Auch finanziell sollte es ein schlauer Deal werden. PPP – Public Private
       Partnership – lautete das Schlagwort: ein damals bundesweit gepriesenes
       Kooperationsmodell, durch das sich Kommunen privates Geld verschaffen
       wollten.
       
       Die Idee dabei war, dass die öffentliche Hand beim Bau von Großprojekten
       von Know-how und Finanzen privater Investoren profitierte, Letztere aber
       Eigentümer blieben – und das Kostenrisiko trugen, ja: im Eigeninteresse
       schon während des Bauens auf die Einhaltung der Kosten achteten.
       
       Bei der Elbphilharmonie war es aber so, dass Adamanta kurz vor
       Vertragsabschluss 2006 ein Forfaitierungsmodell vorschlug. Das ist eine
       juristische Konstruktion, aufgrund derer die öffentliche Hand als Bauherr
       auftritt, um Privatunternehmen günstige Kredite zu verschaffen.
       
       Für den öffentlichen Konzertsaal nutzte die Stadt diese günstigen
       Kommunalkredite ohnehin, aber für den kommerziellen Bereich – Hotel,
       Gastronomie, Parkhaus – war das bis dato nicht vorgesehen.
       
       Das sollte auch nicht so sein; ausdrücklich hatte der Senat 2005
       entschieden, die Elbphilharmonie als „Investorenmodell“ auszuschreiben,
       deren kommerziellen Teil ein privater Investor auf eigene Kosten und
       eigenes Risiko baue. Alles andere sei ein „ordnungspolitischer Sündenfall“,
       steht in der dazugehörigen Senatsdrucksache.
       
       ## Ole liest kein Kleingedrucktes
       
       Aber der damalige Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU) fand es
       verlockend, auf diese Art den Elbphilharmonie-Preis senken zu können – die
       Zustimmung der Bürgerschaft hing ja stets am Geld. So erschien ihm die
       Entscheidung für das Forfaitierungsmodell wohl als Formalie, die dem großen
       Ganzen diente.
       
       Was von Beust aber nicht las, war das Kleingedruckte: dass die Stadt damit
       alle Kostenrisiken des kommerziellen Bereichs übernahm, und die liegen laut
       Linksfraktion inzwischen bei 400 Millionen Euro. Ein Großteil der
       Verteuerung fiel nämlich bei der kommerziellen Mantelbebauung um den
       Konzertsaal herum an, weil die Pläne von Adamanta und den Architekten bei
       Vertragsabschluss nicht zusammen passten und aufwendig geändert werden
       mussten.
       
       „So ist die Stadt in die abwegige Situation geraten, in Millionenhöhe ein
       Luxushotel aus Haushaltsmitteln zu subventionieren“, heißt es im
       PUA-Bericht. Aber das Problem reicht noch weiter. Erstens nämlich wollte
       die Stadt die Kreditzinsen aus den Pachteinnahmen von Hotel, Gastronomie
       und Parkhaus finanzieren. Und zwar ab 2010, der einst avisierten
       Fertigstellung des Baus.
       
       Aber nichts ist fertig, und die Stadt stottert den Kredit seither auf
       Vorschuss ab; mehrere Millionen Euro fielen bereits an. Den Rest des
       Kredits will die Stadt in 20 Jahren aus dem Verkauf von Hotel, Gastronomie
       und Parkhaus bezahlen.
       
       Die Berechnung des Verkaufserlöses sei aber hoch spekulativ, schreiben
       Gutachter: Erstens wisse man nichts über den Zustand des Gebäudes im Jahr
       2030, und zweitens könne niemand die Entwicklung des Immobilienmarkts
       prognostizieren.
       
       Pikant ist außerdem, dass die Wohnungen – der einzig wirklich lukrative
       kommerzielle Bereich – nicht an die Stadt übergingen, sondern bei
       Hochtief-Tochter Skyliving blieben. In anderen Worten: Die Stadt hat die
       wirtschaftlich unattraktiveren, weil unberechenbaren Teile des
       kommerziellen „Mantels“ behalten.
       
       ## Die Stadt trägt das Risiko allein
       
       Und das ohne jede Not. Kurz vor der Entscheidung für das erwähnte
       Forfaitierungs-Modell hatte die Finanzbehörde vorgeschlagen, Adamanta den
       günstigen Kredit über eine Landesbürgschaft zu verschaffen. Dann hätte die
       Stadt nicht Bauherrin des kommerziellen Teils werden müssen. Warum von
       Beust diese Idee nicht aufgriff, konnte der PUA allerdings nicht ergründen
       – weil es dazu weder Aussagen noch Akten gibt.
       
       Fest steht jedenfalls, dass die Elbphilharmonie, obwohl 2007 mit dem
       PPP-Innovationspreis geehrt, kein PPP-Projekt ist, sondern dessen
       Pervertierung: Die Stadt profitiert nicht etwa vom Geld des privaten
       Investors, sondern verschafft ihm günstige Kredite, wird Eigentümerin des
       „Investorenbereichs“ – ein gleichfalls pervertierter Begriff – und
       übernimmt das gesamte Kostenrisiko. Eine Unterstützung der öffentlichen
       Hand durch Privatiers à la PPP ist das deutlich nicht.
       
       3 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Petra Schellen
       
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