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       # taz.de -- Tag der Arbeit in Berlin: Die größte Mai-Demo aller Zeiten
       
       > Mehr als 20.000 Menschen nahmen an der traditionellen 18-Uhr-Demo teil.
       > Trotz einiger Böller und Scharmützel erreichte der Zug das geplante Ziel.
       
   IMG Bild: Nur ein Farbbeutel hat den Polizisten getroffen – es war weitgehend friedlich.
       
       BERLIN taz | Unter großer Euphorie reißen Teilnehmer der
       18-Uhr-Demonstration in der Zossener Straße ein Wahlplakat der AfD ab.
       Randale, aber dezent, so lässt sich die Demo durch Kreuzberg
       zusammenfassen.
       
       Klein aber war die wichtigste Demo der linken Szene der Stadt auch in
       diesem Jahr nicht: Die Veranstalter sprechen von mehr als 20.000 Menschen,
       und auch die Polizei zählt 19.000 Teilnehmer. Das sind fast doppelt so
       viele wie 2013, und die größte Revolutionäre 1. Mai-Demonstration der
       vergangenen 20 Jahre.
       
       Dabei bleib es weitgehend ruhig. Der größte Krawall: Zwischen Südstern und
       Gneisenaustraße hatten zwischenzeitlich 500 bis 1.000 Autonome die Demo
       überholt und sich an die Spitze gesetzt. Dort lieferten sie sich
       Auseinandersetzungen mit der Polizei.
       
       Die ging immer wieder in den Protestzug rein, stoppte ihn zwischendurch.
       Kurz darauf fährt die Polizei drei Wasserwerfer auf. Es bleibt eine Geste:
       Nass werden die Teilnehmer nur vom Regen. Mindestens sechs Teilnehmer
       werden festgenommen. Danach geht es friedlich weiter.
       
       Auch die Polizei bestätigt dies. Ihre vorläufige Bilanz zu
       Redaktionsschluss: „Die Demonstration verlief über weite Strecken
       störungsfrei“, sagt Sprecher Stefan Redlich Sprecher. Es habe allerdings
       einzelne Würfe von Steinen und Böllern in der Gneisenaustraße gegeben.
       „Eine endgültige Bilanz an Festnahmen und Verletzten gibt es noch nicht“,
       so Redlich zur taz. Die Polizei hat ein Interesse an einem guten Medienecho
       auf die Demonstration.
       
       ## 6400 Polizisten im Einsatz
       
       Entsprechend war ihre Taktik – vergleichsweise deeskalierend. So beginnt
       die Demo entspannt am Lausitzer Platz. Die Polizei ist zurückhaltend, kein
       Spalier, nicht mal die Seitenstraßen sind abgesperrt. Doch auch wenn sie
       Abstand hält, zeigt die Polizei Präsenz: 6.400 Beamte sind im Einsatz.
       
       Als der Protestzug gegen halb sieben unerwartet pünktlich startet, machen
       viele Teilnehmer Handyfotos von den wehenden Flaggen - die Demo wird zur
       Attraktion. Einige kamen direkt von der unangemeldeten Demonstration am
       Mariannenplatz. Gut eine Stunde zuvor versammelten sich dort neben der
       Bühne rund 2.000 Teilnehmern.
       
       Sie waren nur durch ihre Plakate und Fahnen von den Myfestbesuchern in der
       Masse zu unterscheiden, protestieren gegen steigende Mieten und für eine
       „Stadt für alle“. Nur fünf Minuten nach ihrem Zusammenfinden war der Zug in
       der Masse verschwunden.
       
       Spontan und erstaunlich friedlich zieht er durch Kreuzbergs Straßen. Hieß
       es auf dem Indymedia-Aufruf noch: „Lasst eure Wut raus“, folgen die meisten
       während der Zuges an der Baustelle des Kottbusser Tors sogar dem
       Verkehrsleitsystem – die wenigsten sprangen über den Zaun.
       
       ## Pünktliche Autonome
       
       Im alten Kreuzberg 36 bleibt es friedlich und überraschend regelkonform.
       Pünktlich wie nie zieht auch der Zug der Revolutionären Demo los. An der
       Spitze der sozialistische Block, es folgen griechische Linke, Autonome,
       PKK, und der große Rest mit noch mehr Autonomen.
       
       Ein Transparent sagt: „Kommunismus supergeil“. Der meistgehörte Vorwurf an
       die Revolutionäre Demonstranten: „Die haben ja gar keinen politischen
       Inhalte“. Haben sie doch, nur versinken die Redebeiträge im Technogedöhne
       der umliegenden Bars der Skalitzer Straße.
       
       An der Urbanstraße kommt die Polizei hinzu und begleitet den Zug. Andere
       Medien sprechen da schon von Eskalation, weil ab und zu ein Bengalo
       leuchtet. Später fliegt eine Flasche und verletzt einen Teilnehmer am Kopf.
       Doch selbst die Sanitäter sind zufrieden: „Bis jetzt verlief die
       Demonstration friedlich. Es gab lediglich zwei oder drei Teilnehmer, die
       leichte Verletzungen hatten.“
       
       Als die Demonstration ihren Zielpunkt erreicht, das Willy-Brandt-Haus, die
       Zentrale der Bundes-SPD, heißt es in der Abschlusskundgebung: „100 Jahre
       SPD, 100 Jahre Konterrevolution.“ Böller gehen los. Um 21.30 Uhr ist alles
       gelaufen. Danach soll es zum Oranienplatz gehen, hört man aus den
       Lautsprechern. Man wolle Solidarität mit den Hungerstreikenden zeigen.
       
       2 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR S. Bednarczyk
   DIR M. Gürgen
   DIR E. Peter
   DIR J. Schumacher
       
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