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       # taz.de -- Jugendprogramm statt Klassikradio: Im Clash der Generationen
       
       > Die Jugendwelle des Bayerischen Rundfunks Puls soll eine UKW-Frequenz
       > bekommen – die von BR Klassik. Das gibt Ärger.
       
   IMG Bild: Statt Beethoven läuft hier bald HipHop.
       
       Liest man dieser Tage die Medienseiten der bayerischen Zeitungen, könnte
       man meinen, der Freistaat stünde kurz davor, sein Oktoberfest zu verlieren.
       „Radiokrieg“, „Schnapsidee“, „herber Verlust“ – so nennen die Journalisten
       von Nürnberger Nachrichten über Donaukurier bis hin zur Süddeutschen
       Zeitung die Pläne des Bayerischen Rundfunks, ihren Jugendsender Puls ab
       2016 auf der UKW-Frequenz von BR Klassik zu senden.
       
       Hintergrund ist eine acht Jahre alte Diskussion: Der BR ist der einzige
       öffentlich-rechtliche Hörfunksender, der kein Jugendprogramm auf UKW
       anbietet. Bereits 2006 hatte der BR versucht, einen Jugendsender auf der
       Frequenz von BR Klassik zu platzieren, scheiterte aber am Widerstand der
       Hörer. Vor knapp einem Jahr startete das junge Vollprogramm Puls mit viel
       Tamtam und einer großen Programmoffensive – allerdings nur im Netz und auf
       DAB. Die Hoffnung damals: Die Jugend kriegt das schon hin, mit dem
       Internet.
       
       Nun zeigt sich, dass dem nicht so ist. Der designierte Hörfunkdirektor,
       Martin Wagner, der am 1. Mai sein Amt aufnimmt, sagte in der Süddeutschen
       Zeitung, die Frequenz für Puls sei notwendig, „um eine Grundbekanntheit zu
       erreichen“. Damit gibt er zu, was viele im BR schon lange ahnen: Die
       Hörerzahlen von Puls sind erschreckend gering. Man spricht von einer
       dreistelligen Zahl pro Stunde. Sollte Puls die Frequenz bekommen, wird BR
       Klassik weiter digital oder über DAB empfangbar bleiben. Die Tonqualität
       sei dort sowieso viel besser, die DAB-Abdeckung bis 2016 größer als die von
       UKW, argumentieren Sprecher des Senders.
       
       ## Kulturkampf
       
       Trotzdem fürchten die bayerischen Medien den Untergang des Abendlandes,
       wenn BR Klassik ins Digitale wechselt. Gerade den älteren Hörern könne man
       nur schwer zumuten, ihre Gewohnheiten umzustellen, argumentiert die SZ. Die
       Nürnberger Zeitung schreibt, im Flächenstaat Bayern sei vor allem in den
       ländlichen Regionen der Internetempfang nicht stabil genug.
       
       Eine [1][Onlinepetition] für den Erhalt von BR Klassik haben bisher mehr
       als 40.000 Menschen unterschrieben. Gemein ist allen Kritikern eine
       Perspektive: Ohne den Klassiksender verfehlt der BR seinen Kultur- und
       Bildungsauftrag und missachtet, dass er keine Hörergruppe von der
       Grundversorgung ausschließen darf. Nur: Gilt das etwa nur für ein Publikum
       jenseits der 50? Hat der BR nicht auch gegenüber jungen Hörern einen
       Bildungsauftrag?
       
       Darüber streiten nun Juristen. Denn der Rundfunkstaatsvertrag und das
       Bayerische Rundfunkgesetz stehen sich in der Frage, ob ein Frequenztausch
       möglich ist, mit unterschiedlichen Aussagen gegenüber. „Das ist der
       härteste Tobak in der ganzen Debatte“, sagt Matthias Fack, Mitglied des
       Rundfunkrats und Vorsitzender des Hörfunkausschusses.
       
       Fakt ist: Gesetzlich darf der BR nicht mehr als fünf Frequenzen bespielen.
       Die sind bisher besetzt durch Oldie- und Popwelle, Kulturradio, Klassik-
       und einen Infokanal. Von allen ist BR Klassik der, der am wenigsten gehört
       wird. Gerade einmal 260.000 Menschen schalten täglich ein. Zum Vergleich:
       Der hörerstärkste Sender Bayern 1 erreicht 2,87 Millionen.
       
       Auch wenn die Zeitungskommentare bereits jetzt danach klingen – noch ist
       nichts entschieden. Mitte Mai beginnt der Rundfunkrat das Thema zu beraten,
       im Juni oder Juli soll die Entscheidung fallen. Die Stimmung, so hört man
       aus dem Gremium, sei eindeutig pro UKW für Puls, auch wenn niemand der
       Klassik schaden will.
       
       28 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.openpetition.de/petition/online/br-klassik-muss-bleiben
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
       
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