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       # taz.de -- Fußball-Bundesliga: Wolfsburg fehlt noch was
       
       > Auch nach dem 2:2 gegen Freiburg hat der VfL eine Chance, die Champions
       > League zu erreichen. Das Team hat sich in der Rückrunde verbessert.
       
   IMG Bild: Hätte das Spiel entscheiden können: Der Wolfsburger Ivica Olic (l) kämpft mit Freiburgs Christian Günter.
       
       WOLFSBURG taz | In manchen Situationen muss man das Tempo aus dem Spiel
       nehmen und das kann der Wolfsburger Sportdirektor Klaus Allofs meisterlich.
       Als nach dem 2:2 gegen den SC Freiburg die Champions League-Fragen auf ihn
       zugeschleudert werden, fängt er erst mal an, mit dem ganzen Schulterbereich
       zu zucken. Zuck. Zuck. Und nochmal zuck. Das Gesicht arbeitet auch mit.
       Frei übersetzt dürfte das heißen: Was soll ich da jetzt sagen? „Wir sind
       weiterhin in einer Situation, in der wir die Chance haben, Vierter zu
       werden“, formelt er irgendwann. „Wir können“, zuck, „wir dürfen nicht
       unzufrieden sein.“
       
       Faktisch richtig: Zwei Spieltage vor Saisonende ist man Fünfter, einen
       Punkt und sechs Tore hinter Bayer Leverkusen und jenem vierten Rang, der
       zur Champions League-Qualifikation berechtigt. Offensivspieler Ivan Perisic
       hatte den VfL zweimal in Führung gebracht (3., 70.). Freiburgs Torgarant
       Mehmedi (61.) und der eingewechselte Terrazzino (83.) glichen zweimal aus
       für den gut organisierten und geschickt agierenden SC.
       
       Nach einer Saison im Halbschatten hatte größeren Teilen
       Fußball-Deutschlands beim DFB-Pokalhalbfinale erstmals geschwant, dass die
       Investitionen des VfL-Besitzers Volkswagen diesmal sportlich-kulturelle
       Rendite bringen könnten. Wolfsburg habe zwar in Dortmund verloren, aber
       Wolfsburg könne ja Fußball spielen, war der erstaunte Tenor.
       
       Auch gegen Freiburg ließ der VfL in einem sehr unterhaltsamen
       Bundesligaspiel phasenweise erkennen, dass das Team in der Rückrunde einen
       weiteren Entwicklungsschritt gemacht hat. Und zwar im Bereich
       Tempokombinationsfußball, also einem Fortgeschrittenenkurs des modernen
       Spitzenfußballs. Zu sehen war das bei Perisic‘ 2:1, das Vieirinha und
       Träsch über rechts vorbereiteten. Andererseits bemängelten sowohl Trainer
       Dieter Hecking als auch Sportdirektor Allofs, wie das Team eine 2:1-Führung
       noch weggab. „Wenn Sie fragen, was noch fehlt, fallen mir einige Dinge
       ein“, sagte Allofs in der Mixed Zone.
       
       Das fängt an beim Torwartfehler von Benaglios Stellvertreter Max Grün, der
       zum 1:1 führte. Es geht weiter mit mangelnder Rückwärtsbewegung bei beiden
       Toren, weshalb Rechtsverteidiger Christian Träsch, der ansonsten gut
       spielte, auch seiner eigenen Ansicht nach „ein bisschen blöd“ aussah. Und
       es gipfelt darin, dass der VfL in der ersten Hälfte seine Chancen nicht
       verwertete. Namentlich Ivica Olic hätte das Spiel entscheiden können. Also:
       Das Team hat Konturen, der Stil bekommt Konturen und wird langsam auch
       variabler, aber überall fehlt eben auch noch etwas.
       
       Sowohl Allofs als auch Hecking arbeiten kommunikationsstrategisch daran,
       den bereits sicheren Platz in der Europa League nicht wie eine Enttäuschung
       aussehen zu lassen. Es ist ja auch ein klarer Fortschritt nach den Rängen
       elf, acht und 15 der letzten drei Jahre. Das ändert aber nichts daran, dass
       Europas zweite Klasse für Spieler, Verantwortliche und Zuschauer kein
       Ersatz für die Champions League ist.
       
       Wobei sich abzeichnet, dass der VfL-Kader auch qualitativ die Substanz
       entwickelt, die man für die zusätzlichen Spiele braucht. Die Bank ist
       inzwischen gut besetzt, Olic hat gerade erst seinen Vertrag verlängert, ein
       hochklassiger Stoßstürmer soll noch kommen und Ivan Perisic ist nach 16
       Monaten endlich angekommen“, wie Trainer Hecking sagt. Das ist die
       offizielle Sprachregelung.
       
       Zuletzt verglich ihn der Trainer gar mit Kevin Keegan, der einst beim HSV
       nach schwieriger Eingewöhnung gar ein Weltstar geworden sei. Ein Weltstar
       ist Perisic gewiss nicht, aber mit nun neun Saisontoren und fünf Zuspielen
       liefert er Ergebnisse, wenn auch sein Gesamtspiel weiterhin fehlerlastig
       ist. „Er hat den Instinkt vor dem Tor gefunden, ist konzentrierter in
       seinen Abhandlungen“, sagt Hecking.
       
       Stimmt: Manchmal ist er grandios. Aber kurz darauf steht er wieder neben
       dem Spiel, die Hände an den Hüften, und man denkt: Was macht er denn?
       
       Und so ähnlich ist es auch mit dem VfL Wolfsburg.
       
       27 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Unfried
       
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