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       # taz.de -- Polemik im Europawahlkampf: Berlusconi provoziert mit KZ-Spruch
       
       > Für Deutsche hätten Konzentrationslager nie existiert, sagte Berlusconi,
       > und teilte gegen SPE-Spitzenkandidat Martin Schulz aus. Führende
       > Sozialdemokraten schäumen.
       
   IMG Bild: Im Unsinnreden noch immer ein Champion: Silvio Berlusconi.
       
       ROM afp | Der ehemalige italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat
       im Europawahlkampf für seine rechtskonservative Partei Forza Italia für
       einen Eklat gesorgt. Im Zusammenhang mit einer Attacke auf den
       EU-Parlamentspräsidenten und Spitzenkandidaten der Sozialdemokratischen
       Partei Europas (SPE), Martin Schulz (SPD), bezeichnete Berlusconi am
       Samstag die Deutschen indirekt als Volk von Holocaustleugnern. „Für die
       Deutschen haben Konzentrationslager nie existiert“, sagte Berlusconi
       während einer Wahlkampfveranstaltung.
       
       Zu Schulz äußerte sich Berlusconi ebenfalls abfällig: „Da gibt es einen
       Mann, genannt Schulz, der Berlusconi oder Italien nicht leiden kann“, sagte
       der 77-Jährige in Mailand. „Die Linke zu wählen, bedeutet, Schulz zu
       wählen“, fügte er hinzu.
       
       Im Jahr 2003 hatte Berlusconi für einen Eklat im Europäischen Parlament
       gesorgt, als er den damaligen Europaabgeordneten Schulz nach dessen
       kritischen Fragen zur europäischen Innenpolitik und Zweifeln an der
       Integrität des Italieners als ideale Besetzung für die Filmrolle eines
       KZ-Aufsehers bezeichnete. Bei seinem Auftritt am Samstag ging Berlusconi
       erneut auf den Vorfall ein: „Ich wollte ihn nicht beleidigen, aber mein
       Gott, für die Deutschen haben Konzentrationslager nie existiert“, sagte er.
       
       SPE-Chef Sergej Stanischew nannte Berlusconis Äußerungen eine „Beleidigung“
       des „gesamten deutschen Volks“ und nicht nur seines Parteifreunds Schulz.
       Sie seien ein „zynischer Versuch“, von den wirklich wichtigen Themen
       europäischer Politik wie Arbeitsmarkt und Wachstum abzulenken. Stanischew
       forderte von der Führung der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP)
       und deren Kandidaten für den Posten des Chefs der Europäischen Kommisssion,
       Jean-Claude Juncker, eine Verurteilung von Berlusconis Äußerungen. Forza
       Italia ist EVP-Mitglied.
       
       David Sassoli, Chef der Abgeordneten der italienischen Demokratischen
       Partei (PD) im Europäischen Parlament, schrieb Berlusconis Ausführungen
       einem „hohen Alkoholpegel“ zu. Der französische Sozialistenchef
       Jean-Christophe Cambadélis erklärte, die „neuerliche Provokation“ stamme
       von einem "Mann, der „im Bündnis mit der extremen Rechten an die Macht
       gekommen“ sei. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) nannte
       Berlusconis Äußerungen [1][auf Twitter] „UNSÄGLICH“.
       
       ## Fahimi kritisiert Merkels Schweigen
       
       SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte am Sonntag der Nachrichtenagentur
       Reuters: „Die Äußerungen von Silvio Berlusconi sind abstoßend, empörend und
       völlig inakzeptabel.“ Die Entgleisungen schadeten nicht nur dem Ansehen
       Italiens, sondern gefährdeten die gesamte politische Kultur und die Werte
       Europas. Berlusconi müsse sich entschuldigen. „Ich erwarte, dass sich
       Angela Merkel und Horst Seehofer jetzt klar erklären, ob sie einen solchen
       Schmutzwahlkampf gegen Martin Schulz dulden oder sich aktiv von den
       unsäglichen Äußerungen Berlusconis distanzieren“, kritisierte die
       Generalsekretärin.
       
       Empörung löste auch ein von Forza Italia im Europawahlkampf verwendetes
       Plakat mit dem Slogan „Più Italia, meno Germania“ (Mehr Italien, weniger
       Deutschland) aus, das die deutsche Sparpolitik für die Rezession der
       italienischen Wirtschaft verantwortlich macht. Wie der Spiegel in seiner
       jüngsten Ausgabe berichtete, nannte Schulz es „empörend, dass eine
       Schwesterpartei der CDU in Italien mit antideutschen Parolen Wahlkampf“
       mache. Ein solches Plakat zerstöre den Geist der europäischen Einigung.
       Auch Herbert Reul, Chef der Unionsabgeordneten im EU-Parlament ging demnach
       auf Distanz. Das sei „nicht in Ordnung“. Ihm fehle dafür „jedes
       Verständnis“.
       
       Der wegen Steuerbetrugs verurteilte rechtskonservative Politiker und
       Unternehmer Berlusconi muss künftig ein Jahr lang einmal pro Woche
       mindestens vier Stunden Sozialdienst in einem Altenheim leisten. Nur von
       Dienstag bis Donnerstag darf er zu politischen Terminen reisen. Mit dem
       Sozialdienst bleibt Berlusconi ein Hausarrest erspart, der das Aus für
       seinen Europawahlkampf bedeutet hätte.
       
       27 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://twitter.com/ManuelaSchwesig/status/460082498442366976
       
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