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       # taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Vorgegaukelte Einheit
       
       > Beim HSV sind die Verantwortlichen auch im dunkelsten Abstiegskampf vor
       > allem damit beschäftigt, selbst gut dazustehen.
       
   IMG Bild: Jeder ist sich selbst der Nächste: HSV-Sportchef Oliver Kreuzer und sein Vorstandsvorsitzender Carl-Edgar Jarchow.
       
       „Am Sonntag hat unser HSV die nächste Gelegenheit, wichtige Punkte für den
       Klassenerhalt zu sammeln“, informiert die Fanbetreuung des HSV vor der
       Auswärtsfahrt zum FC Augsburg. Das klingt so entspannt, als gebe es
       anschließend noch diverse weitere Möglichkeiten dafür.
       
       Beim HSV wird auch drei Spiele vor Toresschluss noch nach einer Haltung
       gesucht, dem Schreckensszenerio „Erster Abstieg“ wirkungsvoll zu begegnen.
       Statt mit Lockerheit versuchte es Sportvorstand Oliver Kreuzer am
       Donnerstag [1][mit einem dramatischen Appell]. „Es geht ums Überleben des
       Vereins – und um alle Mitarbeiter. Ich hoffe, dessen sind sich alle Spieler
       bewusst.“ Hätte er doch lieber geschwiegen, statt selbst in einem Weckruf
       noch den Mangel an Vertrauen in die eigene Mannschaft deutlich werden zu
       lassen. Zumal Trainer Mirko Slomka unentwegt den Teamgeist ebendieser
       Mannschaft lobt.
       
       Kreuzers Auftritt ist insofern symptomatisch für das Führungshandeln beim
       HSV, als die Verantwortlichen seit Langem vor allem damit beschäftigt sind,
       selbst gut dazustehen. Da rutscht dann auch schon mal ein kleiner
       Seitenhieb raus. Und man kann jetzt schon sicher sein: Falls der HSV
       tatsächlich absteigt, waren Mannschaft und Trainer schuld, aber sicher
       niemand aus Vorstand, Aufsichtsrat und dem Putschistenkreis um die
       Initiative HSVplus.
       
       Zu keinem Zeitpunkt hatte man beim HSV wirklich das Gefühl, dass alle
       Kräfte gebündelt werden, dass Mannschaft, Verein, Fans und Öffentlichkeit
       an einem Strang ziehen, wie es etwa in Bremen im vergangenen Jahr mit der
       Initiative „Allez Grün“ gelang.
       
       Dafür sind die Fans noch am wenigsten verantwortlich zu machen. Sie
       brachten immerhin am Karfreitag beim Training noch mal 1.500 Menschen auf
       die Beine und werden jetzt mit 3.000 Anhängern nach Augsburg fahren. Aber
       die Abstiegskämpfe der letzten Jahre und die Auseinandersetzungen über die
       Umwandlungspläne des HSV haben Spuren hinterlassen.
       
       ## Riesiger Schuldenberg
       
       Egal wie der Abstiegskampf ausgeht – angesichts des riesigen Schuldenbergs
       von 100 Millionen Euro und weil die Lizenzvergabe noch nicht erfolgt ist,
       bleibt ihnen praktisch keine andere Möglichkeit, als am 25. Mai auf der
       Mitgliederversammlung der Umwandlung der Profiabteilung in eine AG
       zuzustimmen – und sich damit selbst zu entmachten.
       
       Denn nur so, das wird ihnen seit Monaten eingetrichtert, fließen die
       Millionen des Milliardärs Klaus-Michael Kühne. Der ist im
       Schattenaufsichtsrat, den die Initiative HSVplus ausgerechnet drei Tage vor
       dem Wolfsburg-Spiel präsentierte, über einen Beauftragten vertreten. Auf
       dieser Liste steht neben den Exspielern Thomas van Heesen und Peter Nogly
       sowie drei Wirtschaftsfachleuten überraschend auch Bernd Bönte, der Manager
       der Klitschko-Brüder. Der war bisher eher als Fan von Bayern München
       bekannt.
       
       Bei diesen Hintergrundgeräuschen fällt es den Fans schwer, sich noch einmal
       zu einer großen Aktion aufzuraffen. Auch die Versuche von Teilen der
       Medien, mit Stickern und Slogans so etwas wie eine Euphoriewelle entstehen
       zu lassen, wirken eher pflichtschuldig als überzeugend. Da, wo es keine
       Einheit gibt, wirken Versuche, eine vorzugaukeln, eher peinlich. Wie soll
       man auch an den Sachverstand von Blättern glauben, die vor Saisonbeginn im
       Gleichklang mit dem Vorstand von Europapokal-Ambitionen gefaselt haben?
       
       Statt hilflose Appelle in die Welt zu senden, sollten sich alle zu ihrer
       Verantwortung für die Situation bekennen. Das würde vielleicht wirklich ein
       paar Kräfte freisetzen, die der Mannschaft weiterhelfen.
       
       26 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article127267873/Kreuzer-erwartet-totale-Hingabe.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Lorenzen
       
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