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       # taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Ohne Liebe ist jede Arbeit scheiße“
       
       > Arbeit ist das halbe Leben – aber Freude daran haben viele Deutsche laut
       > einer aktuellen Studie trotzdem nicht. Geht es uns etwa nur ums
       > Geldverdienen?
       
   IMG Bild: Auch Akten kann man lieben. Oder auf ihnen schlafen - alles Interpretationssache.
       
       „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem
       Leben mehr zu arbeiten“, sagte einst der chinesische Philosoph Konfuzius.
       Für die Mehrheit der Deutschen ist dieses Ideal weit entfernt. Laut einer
       Umfrage der Unternehmensberatung Gallup leisten 67 Prozent in ihrem Job nur
       das nötigste, weitere 17 Prozent haben innerlich bereits gekündigt.
       Wirklich gerne zur Arbeit gehen die wenigsten – von Motivation, geschweige
       denn Liebe, keine Spur. Aber braucht man die?
       
       „Die Arbeit ist ein wesentlicher Teil des Menschen“, sagt Benediktinerpater
       Anselm Grün in der taz. am wochenende vom 26./27. April. Wer die Arbeit nur
       mit halbem Herzen verrichte, der schneide sich selbst von einer wichtigen
       Quelle für seine Zufriedenheit ab, findet der Autor zahlreicher
       Lebensratgeber.
       
       Warum unser Verhältnis zur Arbeit dennoch in einer Beziehungskrise steckt,
       weiß Schorsch Kamerun, Sänger der Hamburger Punkband „Die Goldenen
       Zitronen“. Das liege nämlich gar nicht an der Arbeit selbst, sondern an
       dem, was aus ihr gemacht würde: „DIE Idioten haben uns gezwungen zu
       robotten, anstatt uns 'von ganz allein' ihren Kram erledigen zu lassen“,
       kritisiert er. Doch Schuld seien nicht nur die anderen. Auch wir selbst
       „haben damit begonnen, im Zuge der hochmodernen Selbst-Ökonomisierung im
       eigenen Innern zu schuften.“
       
       Solch einen Arbeitszwang findet auch „Volka Polka“, der inoffizielle
       Vorsitzende der Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands, fatal für die
       Beziehung: Solange Arbeit eine gesellschaftliche Pflicht sei, sei es gar
       nicht möglich sie zu lieben. Denn zwar dränge die Pflicht zur Liebe, die
       aber „lässt sich nicht drängen.“ Und ohne Liebe „ist jede Arbeit scheiße“.
       Ein echtes Dilemma. Deswegen aber eine Vernunftehe einzugehen, hält er für
       keine gute Idee: Ungeliebte Arbeit ist seiner Meinung nach „konsequent
       abzulehnen“.
       
       Ähnlich sieht es Tatsuya Machida, Botschaftsrat der japanischen Botschaft
       in Deutschland: „Wenn man seine Arbeit nicht liebt, dann bedeutet das, dass
       man ein Drittel seiner Lebenszeit an eine ungeliebte Tätigkeit vergeudet –
       und das wäre doch nun wirklich zu schade.“ Die Lebenszeit sollte man
       stattdessen „möglichst erfüllend gestalten“.
       
       Bine Koch, taz-Leserin und Putzfrau für psychisch und geistig kranke
       Menschen, liebt ihre Arbeit „ganz gewiss nicht“, aber den Umgang mit den
       Menschen. „Ich liebe es, mit den Klienten zu plaudern, während ich feucht
       durchfeudel und getrocknete Kacke von den Klobrillen kratze.“ Das mache ihr
       Spaß – und den Klienten auch. Einseitig darf die Beziehung also nicht sein.
       Oder, wie es in einem alten deutschen Sprichwort heißt: „Liebe ohne
       Gegenliebe ist eine Frage ohne Antwort.“
       
       Die Streitfrage diskutieren außerdem Götz Werner, Gründer der
       Drogeriemarktkette dm, Bruno Kramm, Kandidat der Piratenpartei im
       Europawahlampf, Thomas Vašek, Autor des Buches „Work-Life-Bullshit“, Carmen
       Losmann, Regisseurin des Dokumentarfilms „Work hard play hard“ und Brigitte
       Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag – in der
       taz. am wochenende vom 26./27. April 2014.
       
       26 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Rothenburg
       
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