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       # taz.de -- Kommentar Critical Mass: Lebensraum Straße
       
       > Die Critical-Mass-Bewegung gibt es seit 1992. Auch in Deutschland wird
       > sie endlich populär. Das zeigt: Das Auto ist keine Selbstverständlichkeit
       > mehr.
       
   IMG Bild: Entstanden 1992 in San Francisco, nahmen an der Critical Mass-Rundfahrt vier Jahre später schon mehrere Hundert Menschen teil
       
       Wem gehört die Straße? Die Frage scheint banal, denn die Antwort liegt auf
       der Hand: der Öffentlichkeit. Das sagt ja schon der schöne Terminus aus dem
       Behördendeutsch: „öffentliches Straßenland“. Tatsächlich aber ist der
       Zugang beschränkt. Ohne Motor wird man allenfalls als Randfigur geduldet,
       die sich unterzuordnen hat. Das gilt, zumindest in den Augen vieler
       Autofahrer, als Gewohnheitsrecht. Weltweit.
       
       Genau mit dieser Gewohnheit bricht die [1][Critical-Mass-Bewegung]: Radler,
       die nicht einzeln, sondern als Gruppe durch die Stadt fahren, die sich
       nicht mehr an den Rand drängen lassen. Es ist kein Wunder, dass diese
       Bewegung vor 22 Jahren dort entstand, wo die Not am größten ist: im
       Autofahrerparadies USA. Es ist auch kein Wunder, dass die ersten Pulkfahrer
       aus San Francisco nahezu weltweit Nachahmer fanden. In Kapstadt, Budapest,
       Kuala Lumpur. Meist kamen nur ein paar Dutzend, manchmal Zehntausende.
       
       Auch in Deutschland gibt es Critical Mass seit vielen Jahren, in diesem
       Frühling aber scheint daraus gerade eine Massenbewegung zu werden – und das
       nicht nur wegen der verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten über das
       Internet. Die Bewegung der Radler zeigt vielmehr, dass es eine junge
       Generation gibt, für die das Auto keine Selbstverständlichkeit mehr ist,
       geschweige denn ein Statussymbol. Die haben eher ein handpoliertes
       Designerbike an der Wohnzimmerwand als einen SUV in der Garage.
       
       Entscheidend aber ist, dass Critical Mass nur eine Bewegung unter vielen
       ist, die sich die Straße als Lebensraum zurückerobern.
       [2][Guerilla-Gardening], also das ungenehmigte Bepflanzen öffentlicher
       Flächen, gehört in Großstädten ja fast schon zum guten Ton. Aus Graffitti,
       einst als Verschandelung der Städte gegeißelt, ist längst [3][Street Art]
       geworden, die nicht nur das Stadtbild prägt, sondern auch Kunstbildbände
       füllt. Und selbst wer nicht zum subversiven Radeln, Gärtnern oder Malen
       neigt, nimmt sein Heißgetränk heutzutage standardmäßig im Straßencafé – und
       nicht hinter schallgeschützten Butzenscheiben.
       
       Nur eins scheint sich noch nicht ganz herumgesprochen zu haben: Wenn der
       öffentliche Raum von vielen Gruppen genutzt wird, dann müssen die
       bisherigen zurückstecken. Genau um das den Autofahrern zu demonstrieren,
       braucht es eine kritische Masse.
       
       25 Apr 2014
       
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