# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Mit Schweinesystem arrangiert
> Darf Schalke-Klubchef und Fleischmogul Clemens Tönnies den russischen
> Präsidenten Wladimir Putin besuchen? Nein. Aber er darf Geschäfte mit ihm
> machen.
IMG Bild: Ein Tönnies-Schlachthaus. Da läuft einem das Wasser im Munde zusammen
Wenn einem Fleischfabrikanten mangelndes Fingerspitzengefühl vorgeworfen
wird, hört sich das erst einmal nicht nach einem Aufreger an. Im Falle des
Schalker Klubchefs und Metzgerssohns Clemens Tönnies ist der Vorwurf des
mangelnden Feingefühls aber durchaus interessant. Weil dieser freimütig
bekannte, dass er eine Einladung von Russlands Präsident Wladimir Putin an
die Schalker Profimannschaft, doch nach Moskau zu kommen, annehmen möchte,
ist die Empörung auf dem politischen Parkett groß.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber attestierte Tönnies wie angedeutet
mangelndes Fingerspitzengefühl. Dass der Verein 17 Millionen Euro pro
Saison vom russischen Staatskonzern Gazprom einstreicht und diesen dafür
auf der Trikotbrust zu Markte trug und das System Putin hoffähig machte,
war bislang allerdings kein allzu großes Problem.
Die Zeiten haben sich eben geändert. Seitdem Putin nicht mehr nur für die
eigenen Landsleute bedrohlich wirkt, die Krim seinem Reich einverleibte und
seine Truppen an die Grenze der Ostukraine aufmarschieren ließ, wird in
Europa mehr Sensibilität im Umgang mit Russlands mächtigstem Mann
angemahnt. Und natürlich wirkt es plump, wenn Tönnies so arglos von sich
gibt, die Mannschaft würde gerne einmal den Kreml sehen und interessiere
sich für Moskau. Und grobmotorisch wirkt natürlich auch unweigerlich, wie
Tönnies die altbekannte Trennlinie zieht: „Wir sind Sportsleute und keine
Weltpolitiker.“
Zu bekannt sind doch die wirtschaftlichen Interessen des Fleischfabrikanten
auf dem russischen Markt, die ohne politische Unterstützung aussichtslos
bleiben würden. Der größte Fleischkonzern Deutschlands ist dabei, sein
Engagement in Russland auszuweiten. Eineinhalb Millionen Schweine sollen
demnach bald in Tönnies’ Auftrag dort in 18 Anlagen geschlachtet werden.
Schweinesysteme arrangieren sich eben am besten mit Schweinesystemen.
## Bigotte Aufregung
Die Aufregung von Tauber und etlichen seiner Kollegen ist dennoch bigott.
Als die Sportfunktionäre sich brav wie Komparsen bei Putins Festakt, den
Olympischen Winterspielen in Sotschi, in ihre Rollen einfügten, allen voran
der deutsche IOC-Chef Thomas Bach, wollte niemand der unterdrückten
Opposition gedenken.
Sport ist Sport und Politik ist Politik, ließen damals auch die Politiker
der großen Volksparteien wissen. Und Bundespräsident Joachim Gauck wurde
auch von CDU- und SPD-Politikern hart kritisiert, dass er die Spiele von
Sotschi nicht besuchen wollte. Das Ganze wurde zu einem Boykott
hochgejazzt. Nun allerdings sollen die Bundesligavereine Putin mit einem
Besuchsboykott abstrafen. Warum auch nicht? Mehr als Symbolpolitik ist das
aber nicht.
24 Apr 2014
## AUTOREN
DIR Johannes Kopp
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