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       # taz.de -- Jugendaustausch in der EU: Erasmus ohne Orgasmus
       
       > Die EU startet Erasmus+. Es gibt mehr Geld für Jugend-Austausche. Aber
       > der Fokus liegt auf Fitmach-Programmen für die Arbeitswelt.
       
   IMG Bild: Austausch in der EU: „Willst du mit mir auf Jobsuche gehen?“
       
       BERLIN taz/dpa | Austausch für alle, das will das neue Jugend-Programm der
       EU, genannt [1][Erasmus+]. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU)
       feierte den Start am Donnerstag mit einer Auftaktveranstaltung in Berlin.
       Das Plus soll heißen: Aus einem großen Finanz-Topf wird nicht nur das
       Austauschprogramm für Studierende gezahlt, sondern auch die
       EU-Austauschprogramme „Leonardo da Vinci“ für Auszubildende und „Comenius“
       für Schüler.
       
       Für den Jugendaustausch gibt die EU bis 2020 rund 15 Milliarden Euro aus.
       Das sind insgesamt 40 Prozent mehr als bisher. Eine beachtliche Summe
       dafür, dass das EU-Budget 2014 gegenüber dem Vorjahr gekürzt wurde. Die
       Bildungsministerin Wanka freut sich über den Etat. Das Programm beuge der
       Jugendarbeitslosigkeit vor und junge Menschen könnten sich so wichtige
       berufliche Kompetenzen aneignen.
       
       Erasmus stand in der Kritik, weil ein Aufenthalt meist nur [2][ein
       dreimonatiger Kurztrip ist], in dem Land und Kultur kaum erkundet werden.
       Das zu ändern und Jugendliche länger ins Ausland zu bringen, ist aber nicht
       Ziel von Erasmus+. Stattdessen will die EU mehr Jugendliche zum Reisen
       bringen: Bis 2020 sollen mehr als vier Millionen Menschen in Europa
       Stipendien und Zuschüsse für einen europäischen Auslands-Aufenthalt
       bekommen. In Deutschland sollen bis zu 275.000 Studenten, 150.000
       Auszubildende und 130.000 junge Menschen gefördert werden. Mehr Austausch,
       mehr „Mobilitäten“. Die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia
       Löhrmann (Grüne) formulierte das Ziel von Erasmus+ so: Möglichst viele
       junge Menschen sollen an grenzüberschreitendem Austausch teilnehmen.
       
       In Erasmus+ steckt auch das Programm „Jugend in Aktion“.
       Freizeitaktivitäten außerhalb von Schule, Ausbildung oder Studium, sind
       aber hinter dem formalen Bildungsbereich versteckt. Im ursprünglichen
       Entwurf von Erasmus+ waren Jugendarbeit und Sport sogar gar nicht
       enthalten. „Wir hatten die Situation, dass man Jugendarbeit ganz streichen
       wollte“ sagt Tobias Köck, Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen
       Bundesjugendrings. Erst Lobbysarbeit und die Kritik des Parlaments haben
       die Streichung der Finanzmittel verhindert. Jetzt ist die Jugendarbeit mit
       einem Budget von zehn Prozent ausgestattet.
       
       Träger der Jugendarbeit sind trotzdem skeptisch. „Der Druck auf Jugendliche
       ist hoch, sich qualifizieren zu müssen. Die Ausrichtung ist stark darauf,
       Jugendliche in Arbeit zu bekommen“, sagt Bundesjugendring-Vertreter Köck.
       Jugendarbeit und Engagement in der Freizeit käme da zu kurz. Die
       Befürchtung der Jugendverbände: Erasmus+ wird mit Schule und Universität
       verknüpft.
       
       Köck redet von einer „Verzweckungskiste“, die Jugendarbeit werde von der
       Politik vezweckt, um die Jugend fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Wer die
       Kriterien in den Katalogen erfüllt, bekommt Geld. In dem Antrag, den die
       Jugendverbände stellen, muss dann beispielsweise stehen, dass die Jugend
       sich bewegt, um Arbeit zu finden. „Mobilität“ heißt das Zauberwort von
       Erasmus+.
       
       24 Apr 2014
       
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