# taz.de -- Kommentar Nazis in Ehrenämtern: Den langen Weg nehmen
> Ein Ministerialerlass zur Stärkung der Demokratie ist billig. Das Problem
> der Verankerung Rechtsradikaler in der Gesellschaft wird so aber nicht
> gelöst.
IMG Bild: Wenn sie erst mal da sind, helfen Erlasse auch nicht mehr.
Innenminister setzen gerne mal auf den schnellen Effekt. Stärke zu
demonstrieren gehört zur Kernkompetenz ihres Metiers – auch dann, wenn es
um Rechtsextreme geht. Der Radikalenerlass für sogenannte Ehrenbeamte in
Mecklenburg-Vorpommern (zugkräftiger Titel „Initiative Wehrhafte
Demokratie“) fällt in dieses Genre. Mit ihm wollte Innenminister Lorenz
Caffier auf dem Verordnungsweg beenden, was er verständlicherweise
überhaupt nicht in Ordnung fand: dass Neonazis zunehmend nach
einflussreichen Posten in den Dörfern seines Bundeslandes griffen.
In der Praxis jedoch sind solche Top-down-Maßnahmen gegen rechts regelmäßig
weit weniger durchschlagend, als ihre Erfinder versprechen. Das dürfte auch
für das NPD-Verbotsverfahren gelten, zu dessen vehementen Verfechtern nicht
zufällig der CDU-Politiker Caffier zählt. Denn wer den Rechtsextremismus
langfristig schwächen will, muss die Demokratie stärken. Eine schwächelnde
bis nicht vorhandene demokratische Kultur an der Basis aber lässt sich
bekanntlich nicht per Erlass an nachgeordnete Dienststellen verordnen.
Der Radikalenerlass gegen Neonazis hat zudem einen unschönen Nebeneffekt:
Er verwischt die politischen Verantwortlichkeiten, der Schwarze Peter wird
hin- und hergereicht zwischen Ministerium und lokalen Behörden. Wenn es
schlecht läuft, sind am Ende alle beschädigt – außer dem Neonazi, um den es
geht.
Symbolpolitische Aktionen sind für Minister verlockend, schließlich stehen
sie unter Handlungsdruck. Doch auch ein Minister muss bereit sein, den
längeren Weg zu nehmen und etwa dort anzusetzen, wo Teenager bei der Übung
für die freiwillige Feuerwehr oder im Fußballtraining zu Neonazis gemacht
werden. Genau das aber ist mühsamer – und kostet anders als
Ministerialerlasse Geld.
24 Apr 2014
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DIR Astrid Geisler
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