# taz.de -- Kommentar Atommüll in Großbritannien: Unverdrossen auf Atomkurs
> Die britische Atomwirtschaft setzt traditionell auf Verschwiegenheit. Im
> Fall der Wiederaufarbeitungsanlage in Sellafield macht sie eine Ausnahme.
IMG Bild: In Großbritannien weitgehend unbekannt: Proteste gegen Atommüll-Transporte.
In Sellafield werden in ein paar hundert Jahren eine Million Kubikmeter
radioaktiven Mülls ins Meer gespült, gaben die Behörden bekannt. Immerhin:
So früh wurde die Bevölkerung noch nie informiert. Die britische
Atomindustrie ist traditionell verschwiegen – angefangen von dem Brand in
Windscale (Sellafield) 1957, dessen Auswirkungen 32 Jahre lang geheim
gehalten wurden, bis hin zum vergangenen Monat, als der französische
Konzern EDF zugeben musste, das AKW Dungeness im Südosten Englands wegen
mangelhaftem Überschwemmungsschutz für zwei Monate abgeschaltet zu haben.
Zwischen beiden Ereignissen liegt eine Kette von Unfällen und
Vertuschungen.
Die britische Regierung setzt dennoch unverdrossen auf Atomkraft. Zunächst
entstehen in Hinkley Point zwei Reaktoren des neuen Typs „European
Pressurised Reactor“ (EPR). Die Abkürzung „EPR“ hat auch eine andere
Bedeutung: „Extended Producer Responsibility“.
Dieses Konzept der „erweiterten Herstellerhaftung“ bedeutet, dass ein
Unternehmen, das etwa Laptops herstellt, eine Funktionsgarantie geben muss
und für die Entsorgung verantwortlich ist. Wendete man dieses Konzept auf
Atomkraft an, würde niemand bei Verstand ein AKW bauen. Die Kosten für
Konstruktionsfehler, Müllbeseitigung und Entsorgung der Anlage am Ende der
Laufzeit trägt der Steuerzahler.
Das verleitet zur Schludrigkeit. Beim finnischen AKW Olkiluoto zum Beispiel
verzögert sich die Fertigstellung seit Jahren wegen minderwertigem Beton,
mangelhaften Schweißnähten und einem fehlerhaften Sicherheitssystem. Der
Reaktor hat dasselbe EPR-Design, das auch für Hinkley Point vorgesehen ist.
Dort ist der Bauherr EDF, der die Öffentlichkeit ein Jahr lang über die
Probleme in Dungeness belogen hat. Eine höllische Kombination.
23 Apr 2014
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DIR Ralf Sotscheck
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