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       # taz.de -- Vier Jahre nach „Deepwater Horizon“: Leben dramatisch verändert
       
       > Die Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko löste
       > eine riesige Ölpest aus. Jahre später leiden tausende Menschen an den
       > gesundheitlichen Folgen.
       
   IMG Bild: Die brennende Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im April 2010.
       
       CHALMETTE ap | George Barisich kann nicht mehr rennen – seine Lunge macht
       das nicht mit. Das Leben des 58-Jährigen hat sich vor vier Jahren
       dramatisch verändert. Die Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im
       Golf von Mexiko zerstörte nicht nur die Existenzgrundlage des Fischers.
       
       Barisich stellte damals seine Arbeitskraft und sein Boot für den Kampf
       gegen die Ölpest zur Verfügung. Ihn trieb der Wunsch an, zu helfen.
       Außerdem musste er irgendwie Geld verdienen. Im Nachhinein bereut er seine
       Entscheidung. Durch den Kontakt mit dem Öl habe er zunächst Atemprobleme,
       später eine Lungenentzündung bekommen, erzählt er. Sein Gesundheitszustand
       sei nicht mehr derselbe wie vor dem Unglück.
       
       Barisich erwägt, Schadensersatzforderungen an den Ölkonzern BP zu stellen.
       Entsprechende Zahlungen sieht ein Vergleich vor, den ein Bundesgericht im
       Februar bestätigte. Davon profitieren könnten Schätzungen zufolge etwa 200
       000 Betroffene, sofern sie nachweisen, dass ihre Gesundheit durch den
       Kontakt mit dem Öl gelitten hat. In erster Linie geht es um Atemwegs- oder
       Hauterkrankungen. Die Entschädigung – in Einzelfällen bis zu 60.700 Dollar
       (43.900 Euro) – soll die Kosten für medizinische Behandlung und
       Nachsorgeuntersuchungen decken.
       
       In einer Langzeitstudie im Auftrag der US-Regierung versuchen
       Wissenschaftler die gesundheitlichen Folgen der Ölpest zu ermitteln.
       Insgesamt 33.000 Probanden nehmen teil, Barisich ist einer davon. Aus
       früheren Studien wisse man, dass es in einem Zeitraum von ein bis zwei
       Jahren nach einer Ölpest zu Atemproblemen und Veränderungen in der
       Lungenfunktion kommen könne, sagt Dale Sandler, die die Untersuchung
       leitet. Nach ein paar Jahren normalisiere sich der Zustand dann allmählich
       wieder.
       
       „Was allerdings keiner je gefragt hat: Ist das Risiko für diese Menschen
       höher, nach fünf oder zehn Jahren herzkrank zu werden oder Krebs zu
       bekommen?“, sagt die Medizinerin in einem Interview der Nachrichtenagentur
       AP. „Ich bin mir sicher, dass sich die Leute, die die Ölpest erlebt haben,
       genau darüber Sorgen machen.“ Auch aus diesem Grund ist die Studie auf
       mindestens zehn Jahre angelegt.
       
       ## Psychische Folgen
       
       Erste Ergebnisse deuten laut Sandler darauf hin, dass diejenigen, die an
       den Reinigungsarbeiten nach der Ölpest beteiligt waren, vermehrt unter
       Depressionen oder Angstgefühlen leiden. Allerdings, so die Ärztin, dürfte
       es grundsätzlich schwierig sein, einen direkten Zusammenhang zwischen
       gesundheitlichen Problemen und der Ölpest nachzuweisen. Die meisten
       Betroffenen hätten nämlich schon zuvor im Rahmen ihrer beruflichen
       Tätigkeit Kontakt mit Öl oder chemischen Substanzen gehabt. Viele seien
       darüber hinaus Raucher.
       
       Auch Bert Ducote berichtet über psychische und körperliche Beschwerden.
       Seine Haut sei während der mehrere Monate dauernden Arbeiten trotz
       Schutzkleidung mit einer Mischung aus Rohöl, Salzwasser und chemischen
       Dispersionsmitteln in Kontakt gekommen, sagt der Fischer aus Meraux. Es
       hätten sich Dutzende Beulen an Hals, Rücken und Bauch gebildet.
       
       Wie Barisich möchte Ducote im Zuge des Vergleichs mit BP seinen Anspruch
       auf eine finanzielle Entschädigung geltend machen. Zugleich beklagt er:
       „Das bisschen Geld, das sie uns geben, wird nie unsere Lebensqualität und
       unsere Gesundheit ersetzen können.“
       
       BP verweist dagegen auf die Worte des US-Bezirksrichters Carl Barbier,
       wonach beide Seiten den Vergleich als eine faire und vernünftige
       Alternative für einen Prozess bezeichnet hatten. Außerdem listete der
       Konzern eine Reihe von Maßnahmen zum Gesundheitsschutz auf. So hätten die
       Arbeiter beispielsweise Schutzkleidung und ein Sicherheitstraining
       erhalten.
       
       Nicht alle nutzten jedoch diese spezielle Ausrüstung, sagt Edward Trapido.
       Der Krebsspezialist leitet eine Studie an der Universität von Louisiana,
       die die Auswirkungen der Ölpest auf die an den Reinigungsarbeiten
       beteiligten Menschen und ihre Familien untersucht. Laut Trapido legten
       viele wegen der brütenden Hitze keine Schutzkleidung an. Von den
       gegenwärtigen Langzeitstudien erhofft sich der Wissenschaftler auch
       Lektionen für die Zukunft: Die Erkenntnisse könnten helfen, bei
       vergleichbaren Katastrophen besser zu reagieren.
       
       20 Apr 2014
       
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