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       # taz.de -- Deniz Yücel über die türkische Protestbewegung: „Ein kulturrevolutionärer Aufbruch"
       
       > taz-Autor Deniz Yücel stellt bei den HEW-Lesetagen in Hamburg sein Buch
       > "Taksim ist überall - Die Gezi-Bewegung und die Zukunft der Türkei" vor.
       
   IMG Bild: "Gezi-Park und die Polizeigewalt waren nur der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte", sagt Deniz Yücel
       
       taz: Deniz Yücel, für dein Buch hast du dir die Parole der türkischen
       Protestbewegung „Taksim ist überall“ zu eigen gemacht. Warum? 
       
       Deniz Yücel: Ich bin dieser Parole nachgegangen und habe mich gefragt: Wo
       kamen diese ganzen Leute her, die an diesem einen Punkt zusammenkamen, wie
       leben sie und wie wollen sie leben. Das Buch ist keine Chronologie der
       Gezi-Proteste, sondern der Versuch, zu erzählen, was ihnen vorausging.
       
       Du porträtierst die Menschen hinter der Bewegung und nimmst dich für deine
       Verhältnisse ziemlich stark zurück. 
       
       Eine Steuererklärung erfüllt eine andere Funktion als ein Liebesbrief. Das
       ist ein Reportagebuch mit Geschichten aus verschiedenen Milieus. Hier geht
       es nicht darum, meine Meinung kundzutun. Es gibt aber einen kleinen
       subjektiven Einstieg und einen Ausstieg, wo es um mich, die Deutschtürken,
       die Türkei und Gezi geht. Ich wollte in diesem Buch aber vor allem
       erzählen.
       
       Mit welchem Ergebnis? 
       
       Eigentlich sagen alle übereinstimmend, Gezi-Park und die Polizeigewalt
       waren nur der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Mich hat
       der Tropfen interessiert und die Frage, womit dieses Fass gefüllt war.
       
       Und was war drin in dem Fass? 
       
       Die Kurden sagen, sie sind in diesem Staat Bürger zweiter Klasse. Dann gibt
       es türkische Nationalisten, die dieser Regierung unter anderem vorwerfen,
       dass sie den Kurden zu viele Zugeständnisse gemacht haben. Also weiter kann
       der Grad kaum sein.
       
       Aber trotzdem lassen sich die unterschiedlichen Geschichten auf ein paar
       Begriffe zusammenfassen. Das Problem von Anerkennung ist etwas, das sehr
       viele teilen: Aleviten, Homosexuelle, säkulare Frauen, inzwischen auch die
       Kemalisten. Und es geht um Freiheit, auch wenn viele damit sehr
       unterschiedliche Dinge meinen.
       
       Was ist neu an der Bewegung? 
       
       Das war nicht nur ein Aufstand gegen die Regierung, sondern auch einer
       gegen die Opposition. Es ging nicht darum, einem autoritären Politikmodell
       etwas genauso Autoritäres entgegenzusetzen. Natürlich hat Erdogan immer
       noch Rückhalt in der Bevölkerung, aber Gezi war auch ein
       kulturrevolutionärer Aufbruch, der in der Türkei 1968 ausgefallen ist.
       
       ## Deniz Yücel stellt sein Buch „Taksim ist überall“ vor: 17. April, 19
       Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2, Eintritt 2 Euro
       
       16 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lena Kaiser
       
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