# taz.de -- Repression gegen Umgekehrt-Graffiti: Unser Dorf soll schmutzig bleiben
> Beim „Reverse Graffiti“ entstehen Wandbilder durch Säuberung von Ruß.
> Köln will das mit Anzeigen bekämpfen – die Grüne Jugend spottet drüber.
IMG Bild: Saubere Sache: Reverse Graffiti, hier in San Francisco.
Dass Köln ein recht schmutziger Ort ist, notierte schon der schottische
Philosoph David Hume in seinen Reiseberichten aus dem 18. Jahrhundert –
heute noch gilt das als Konsens. Dennoch befinden viele ihrer Einwohner die
alte Stadt am Rhein als die schönste in Deutschland, meist versehen mit dem
Hinweis, dass es hierbei um größeres gehe als um bloße Oberfläche. Denn
Kölle, das singt man dort auch gern, Kölle ist nunmal: e Jeföhl.
All der Dreck von Verkehr und Industrie hat sich festgesetzt in den
Nachkriegsbetonflächen und stellt so die perfekte Leinwand dar für eine
neue Form der Street Art, die man Reverse Graffiti nennt: Künstler malen
Bilder an Wände irgendwo in der Stadt, doch nutzen sie dafür keine Farbe,
sondern Sandstrahlgeräte, Hochdruckreiniger oder Zahnbürsten. Sie befreien
Teile der Wände von altem Ruß und Staub, und wie bei einer Radierung
entsteht im Kontrast zwischen schmutziger und frisch geputzter Wand das
urbane Kunstwerk. Vergänglich, umweltfreundlich, und ohne Sachschäden.
Früher war Köln die wichtigste Stadt für die deutsche Kunstszene. 2014 nun
wird jeder erwischte Fall von Reverse Graffiti der Staatsanwaltschaft
angezeigt, weil die kunstvolle Teilsäuberung das Erscheinungsbild der
Innenstadt ungefragt verändere – außerdem entstehen Kosten, so die
Argumentation der Stadt, weil man schließlich die ganze Wand sauber machen
müsse, wenn schon ein Teil gereinigt sei.
Schon putzen Reverse-Graffiti-Künstler aus Protest kleine Putzmänner in den
Dreck, während sich anderswo interessante Fragen auftun: Was zum Beispiel
ist die Haltung der Stadt zu ungefragt fallendem Regen, fragt die Grüne
Jugend NRW in einem [1][offenen Brief] mit zehn Fragen an die Stadt Köln.
Wann werden Einwohner*innen darüber informiert, dass sie ihre eigenen
Wohnungen nicht mehr säubern dürfen? Und wie geht man mit der nur nach und
nach erfolgenden Sandstrahlreinigung der Fassade des Kölner Doms um?
Aktuell ist das berühmte Bauwerk nämlich deshalb schwarz und weiß.
15 Apr 2014
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DIR [1] http://gruene-jugend-nrw.de/2014/04/offener-brief-an-die-stadt-koeln/
## AUTOREN
DIR Benjamin Weber
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