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       # taz.de -- Journalismuspreis in den USA vergeben: Mut zur Wahrheit
       
       > Der „Guardian“ und die „Washington Post“ erhalten den Pulitzer-Preis.
       > Ausschlaggebend dafür waren ihre Enthüllungen über die NSA.
       
   IMG Bild: Laura Poitras und Glenn Greenwald bei der Verleihung des George-Polk-Preises.
       
       NEW YORK taz | Der Mann, der die Informationen über die massive
       Datenschnüffelei der NSA enthüllt hat, würde umgehend verhaftet und wegen
       Spionage angeklagt, wenn er in die USA käme. Aber die beiden Zeitungen, die
       Edward Snowdens Material an die Öffentlichkeit gebracht haben, sind dafür
       am Montag mit dem angesehensten Preis der USA für Journalismus
       ausgezeichnet worden: Die US-Ausgabe des britischen Guardian und die
       Washington Post bekommen den [1][„Pulitzer-Preis für den Öffentlichen
       Dienst“].
       
       Der Preis kommt zehn Monate nachdem der gegenwärtig im russischen Exil
       lebende Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden erstmals an die Öffentlichkeit
       gegangen ist. Drei US-amerikanische JournalistInnen waren federführend bei
       den Enthüllungen: die in Berlin lebende Fotografin Laura Poitras, der in
       Brasilien lebende Journalist Glenn Greenwald, sowie der in Washington
       ansässige Barton Gellman.
       
       Ihre Arbeit hat den beiden Zeitungen den Pulitzer-Preis verschafft. Poitras
       und Greenwald führten im vergangenen Jahr das gefilmte erste Interview mit
       Snowden in HongKong, das weltweit Aufmerksamkeit erregte. Der 47jährige
       Greenwald, ursprünglich ein Verfassungsrechtler, veröffentlichte
       anschliessend beinahe täglich neue Details über die weltweiten
       Schnüffelprogramme.
       
       Seine Erkenntnisse brachte er damals im britischen Guardian. Die gratis im
       Internet zugängliche US-Ausgabe der britischen Zeitung entwickelte sich zu
       der wichtigsten Quelle in den USA, um mehr über den Skandal zu erfahren. Im
       Herbst verließ Greenwald den Guardian, um zusammen mit Poitras und anderen
       [2][das neue Online-Medium Intercept] zu starten.
       
       Das Kapital dafür kommt von Ebay-Gründer und Milliardär Pierre Omidyar.
       Parallel zu den Enthüllungen des britischen Guardian wagte sich in den USA
       zunächst nur Gellman in der Washington Post mit eigenen Enthüllungen an die
       Öffentlichkeit. Sie hatten allerdings einen kleineren Umfang als die des
       Guardian. Die übrigen großen US-Medien – die New York Times inklusive –
       zögerten monatelang, bis sie ihrerseits in die Recherche einstiegen.
       
       ## JournalistInnen sind Anfeindungen ausgesetzt
       
       Unterdessen nahmen US-PolitikerInnen beider Parteien, GeheimdienstlerInnen
       und Militärs sowohl Snowden als auch die EnthüllungsjournalistInnen ins
       Visier. Snowden beschimpften sie als „Verräter“ und „Gefahr für die
       nationale Sicherheit“, entzogen ihm während seiner Flucht aus Hong Kong
       seinen Pass und setzten Länder unter Druck, die ihm Asyl geben wollten –
       Russland inklusive.
       
       Den JournalistInnen, die Snowdens Material veröffentlichten, warfen
       US-PolitikerInnen „Komplizität“ vor und drohten ihnen öffentlich mit der
       Möglichkeit, sie ebenfalls vor Gericht zu bringen. Der Lebenspartner von
       Greenwald, David Miranda, wurde auf der Durchreise in London neun Stunden
       lang unter Terrorismus-Verdacht verhört.
       
       Vergangene Woche bezeichnete der Kongressmann und führende
       US-Geheimdienstpolitiker Peter King den Journalisten Greenwald als eine –
       Zitat: „Schande“. Zu dem Zeitpunkt wagten sich Greenwald und Poitras gerade
       zum ersten Mal nach zehn Monaten zu einer kurzen Reise in ihr Heimatland
       USA zurück.
       
       Sicherheitshalber ließen sie sich bei ihrer riskanten Grenzüberschreitung
       von einem Anwalt begleiten. Am Freitag bekamen die beiden in New York wegen
       ihrer NSA-Berichterstattung einen anderen Preis, den „George Polk Award“.
       Sowohl Poitras als auch Greenwald erklärten in Ansprachen, dass der Preis
       in Wirklichkeit für Snowden sei, der sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, um
       die Öffentlichkeit aufzuklären.
       
       Aus Russland meldete sich am Montag Snowden zu dem Pulitzer-Preis zu Wort.
       Er dankte den „mutigen Journalisten“ und nannte die Entscheidung eine
       „Rechtfertigung für jene, die glauben, dass die Öffentlichkeit eine Rolle
       in der Regierung spielt.“
       
       15 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.pulitzer.org/citation/2014-Public-Service
   DIR [2] http://firstlook.org/theintercept/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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