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       # taz.de -- Diplomatie in der Ukraine-Krise: Steinmeier will Entspannungssignale
       
       > Russland soll seine Truppen von der Grenze zur Ukraine zurückziehen,
       > fordert Deutschlands Außenminister Steinmeier. Der Gasstreit wird Thema
       > in Genf.
       
   IMG Bild: Maskierte pro-russische Aktivisten verlassen das Gebäude der Staatsanwaltschaft in Donezk am Samstag, den 12. April.
       
       HIROSHIMA/KIEW/MOSKAU/WASHINGTON dpa/rtr/dpa | Außenminister Frank-Walter
       Steinmeier hat von Russland vor dem Krise ngipfel zur Ukraine nächste Woche
       in Genf Signale der Entspannung verlangt. „Das alles kann nur gehen, wenn
       Russland eigene Entspannungsbeiträge liefert wie zum Beispiel den weiteren
       Rückzug von Streitkräften entlang der Grenze", sagte Steinmeier am Samstag
       bei einem Besuch in Japan. Das Vierertreffen sei erst „der Beginn der
       Arbeit".
       
       Am kommenden Donnerstag wollen die USA, Russland, die Ukraine und die
       Europäische Union erstmals direkt miteinander über den Konflikt beraten.
       Für die EU ist die Außenbeauftragte Catherine Ashton dabei, für die anderen
       Beteiligten die jeweiligen Außenminister.
       
       Steinmeier versuchte am Rande einer Abrüstungskonferenz in Hiroshima, die
       Erwartungen zu dämpfen. Das Treffen in Genf sei schon ein Wert an sich.
       „Daran hätte vor drei Woche noch niemand geglaubt. Ich wäre froh, wenn die
       erste Sitzung genutzt würde, um ein Arbeitsprogramm zu erstellen."
       
       Ziel sei zunächst „Deeskalation", sagte der SPD-Politiker. „Langfristiges
       Ziel muss sein, dass wir den politischen und wirtschaftlichen Kollaps der
       Ukraine verhindern und dafür sorgen, dass diese Ukraine als Land
       beieinanderbleibt. Das ist schwieriger als sich viele vorstellen."
       
       ## Gasstreit soll Thema auf Krisengipfel werden
       
       Beim Genfer Krisengipfel soll auf Wunsch Deutschlands auch der drohende
       Gasstreit mit Russland zur Sprache kommen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
       warb bei einem Besuch in Athen für eine einheitliche Haltung der
       Empfängerländer russischen Erdgases im Fall von Versorgungsproblemen. Sie
       trete dafür ein, das Thema bei dem Treffen der Außenminister Russlands, der
       USA und der Ukraine sowie der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am
       Donnerstag in Genf zu besprechen, sagte die Kanzlerin.
       
       Zuvor hatte Russland den Druck auf den Westen wegen unbezahlter
       Gasrechnungen der Ukraine erhöht. Präsident Wladimir Wladimir Putin
       forderte die sofortige Tilgung von Milliardenschulden der prowestlichen
       Regierung in Kiew. Die Lage sei „unerträglich", sagte Putin in Moskau. Der
       Kreml wirft dem Westen vor, nach dem Machtwechsel in Kiew eine nicht
       legitimierte Regierung der Ukraine zu unterstützen. Russland garantiere
       seinen Kunden in Europa aber weiter Lieferungen in vollem Umfang, so Putin.
       Die EU-Außenminister wollen am Montag eine Zahlungsbilanzhilfe von einer
       Milliarde Euro für die krisengeschüttelte Ukraine billigen.
       
       Die US-Regierung sprach sich bei einem Treffen der Finanzminister und
       Notenbankchefs der führenden Industrie- und Schwellenländer für schnelle
       Finanzhilfen an die Ukraine aus. Die internationale Gemeinschaft müsse das
       milliardenschwere Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF) für
       die Ukraine durch finanzielle Unterstützung ermöglichen, sagte
       US-Finanzminister Jacob Lew in Washington.
       
       Putin droht damit, der finanziell angeschlagenen Ukraine Gas nur gegen
       Vorkasse zu liefern - was Auswirkungen auf Europas Versorgung haben könnte.
       Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für Gas aus Russland. Wegen
       unbezahlter Rechnungen hatte Russland der Ukraine 2009 das Gas zeitweilig
       abgedreht, was zu Engpässen auch in der EU führte. Zudem hatte Moskau im
       Zuge der Spannungen mit Kiew jüngst die Gaspreise für die Ukraine erhöht.
       Experten halten einen neuen Gaskonflikt für möglich.
       
       ## USA weiteten Sanktionen aus
       
       US-Präsident Barack Obama warnte Moskau erneut vor einem Einmarsch in der
       Ukraine. Zugleich stimmte der US-Präsident den Westen auf weitere
       Sanktionen gegen Moskau ein. Die USA selbst weiteten ihre Sanktionen auf
       sieben Krim-Separatisten und das Gasunternehmen Tschernomorneftegas mit
       Sitz auf der Halbinsel aus.
       
       Nach Russlands Annexion der Krim müssten die USA, die EU und andere Partner
       eine neue russische Eskalation mit zusätzlichen Strafmaßnahmen beantworten,
       forderte Obama in einem Telefonat mit Kanzlerin Merkel. US-Experten und
       hohe Nato-Militärs werfen Russland vor, im Grenzgebiet zur Ukraine bis zu
       40 000 Soldaten mit schwerem Gerät jederzeit einsatzbereit zu halten. Die
       russische Führung bestreitet dies.
       
       Die Chefs der wichtigsten Industriestaaten der Welt (G7) werden sich am 4.
       und 5. Juni in Brüssel treffen - ohne den bisherigen Partner Russland. Das
       teilte der EU-Ministerrat am Freitagabend mit. Die G7-Staatenlenker hatten
       sich Ende März darauf verständigt, wegen der Ukraine-Krise das Treffen in
       der belgischen Hauptstadt zu planen. Ursprünglich war zum selben Termin ein
       G8-Gipfel im russischen Schwarzmeer-Badeort Sotschi geplant.
       
       ## Polizeidirektion in Gewalt von Separatisten
       
       Unterdessen haben in der Ost-Ukraine Bewaffnete ein weiteres
       Behördengebäude besetzt. Mehrere Männer in Tarnuniformen hätten eine
       Polizeidirektion in Slawiansk in der Region Donezk in ihre Gewalt gebracht,
       teilte Innenminister Arsen Awakow am Samstag mit. Er kündigte eine harte
       Reaktion des Staates an. Denn es gebe einen Unterschied zwischen
       Demonstranten und Terroristen, erklärte Awakow auf Facebook.
       
       Pro-russische Demonstranten halten bereits in mehreren ostukrainischen
       Städten Regierungsgebäude besetzt. Sie fordern ein Referendum über eine
       Abspaltung der Region, in der viele russisch-stämmige Bürger leben. Die
       Entwicklung schürte Sorgen, dass die Regierung in Moskau nach der
       ukrainischen Halbinsel Krim auch andere Landesteile in die russische
       Förderation eingliedern könnte. Russland hat nach Nato-Angaben inzwischen
       40.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen.
       
       Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte am Freitag allerdings
       erklärt, sein Land wolle, dass die Ukraine innerhalb ihrer Grenzen als
       Ganzes erhalten bleibe. Die Eingliederung weiterer Landesteile der Ukraine
       sei nicht im Interesse Russlands.
       
       12 Apr 2014
       
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