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       # taz.de -- Neues Talkformat mit Sarah Kuttner: Alles nur kopiert
       
       > ZDFneo wiederholt bei „Kuttner plus Zwei“ das eigene Erfolgsrezept:
       > Lässigkeit, Design, Schnaps. Nah kommt die Moderatorin ihren Gästen
       > nicht.
       
   IMG Bild: Besser als die Sendung: Sarah Kuttner.
       
       Man achte auf das Leberwurstbrot. Herzhaft beißt Sarah Kuttner im Vorspann
       ihres neuen Hometalks „Kuttner plus Zwei“ auf ZDFneo in das Wurstbrot – und
       jeder, der schon mal so eine stinkige Stulle in der Öffentlichkeit
       ausgepackt hat, weiß: So ein Leberwurstbrot, das isst man mal schön für
       sich allein.
       
       Insofern: Chapeau, neo-Redaktion. Der Biss ins Wurstbrot ist so
       unverkrampft, wie man sich das wohl von Kuttners Talk wünscht: die perfekte
       Illustration für eine Art von routinierter Lässigkeit, die zu inszenieren
       man beim Mainzer Digitalkanal perfektioniert hat.
       
       Leider ist diese Routine auch das Problem: Das Coolness-Kalkül ist
       langweilig, weil vorhersehbar geworden. Und das ist im Fall von „Kuttner
       plus Zwei“ schade. Weil die Sendung nichts dafür kann, dass ZDFneo ein
       Fernsehformat, für das es steht, inzwischen zu oft selbst kopiert hat.
       
       Rückblende: Es war einmal im Herbst 2011. Das öffentlich-rechtliche
       Digitalfernsehen war noch jung, die Medien waren abwartend. Da ging diese
       vorlaute Kreuzung aus Magazin und Talk auf Sendung, „neoParadise“ hieß die,
       und alle fanden’s toll. Dann, im Frühjahr 2012, „Roche & Böhmermann“ auf
       ZDFkultur: „Anarcho-Talk“ flüsterte das Feuilleton verzückt angesichts
       eines selbstironisch vor sich hergetragenen, vermeintlichen Dilettantismus
       der ModeratorInnen, nebst Zigaretten- und Whiskeykonsum im stilvollen
       Schwarz-Weiß-Retrostudio.
       
       ## Zu oft kopiert
       
       Und das junge ZDF? Notierte sich drei Dinge. Moderation: lässig; Schnaps:
       ja; Optik: entscheidend. Insofern macht Kuttner in der ersten von vier
       halbstündigen Folgen der ersten Staffel, in der sie Hannelore Elsner und
       den Singer-Songwriter Bosse in ihrem Berliner Loft zu Gast hat, ihre Sache
       sogar sehr gut. „Jacken könnt ihr irgendwo hinschmeißen“, ruft sie ihren
       Gästen zu, kramt derweil im Vintagekühlschrank und nötigt hernach zum
       Eierlikörtrinken am Designeresstisch.
       
       Das wirkt ein bisschen so, als sei man gerade in einen zwanglosen WG-Abend
       gestolpert – und das soll es wohl auch. Man plaudert so über dies („Magst
       du Talkshows, Hannelore?“) und das („Vermittelt uns die Popkultur ein
       realistisches Bild von der Liebe?“).
       
       Dann gibt’s Abendbrot, und Hannelore Elsner philosophiert zwischen
       Würstchen und Zigarette übers Älterwerden. Zwischendurch der obligatorische
       Einspieler, ein Porträtfilmchen über die Gäste.
       
       Das ist nicht sehr spannend. Zum einen, weil so ein Einspieler zwar nett
       geschnitten, der Inhalt aber auch ungefähr so bei Wikipedia nachzulesen
       ist. Und zum anderen, weil Kuttners Fragen entweder belanglos oder
       überkomplex sind – und die Antworten von Elsner und Bosse also eher
       unbefriedigend.
       
       ## Nonchalante Plapperei
       
       Trotz Stulle und Schnaps: Wirklich nah an ihre Gäste heran kommt Kuttner
       nicht. Dabei ist das laut ZDFneo die Idee des Talks: Zwei prominente Gäste
       plaudern frech und unverstellt Quasigeheimnisse aus ihrem Privatleben aus.
       
       Zielvorgabe verfehlt, und trotzdem: Irgendwie schaut und hört man gerne zu.
       Weil Kuttner es schafft, der allzu bemühten Zwanglosigkeit des Formats doch
       ein wenig Authentizität abzutrotzen. Wenn eine nonchalant vor sich hin
       plappern kann, über Kinder („find ich doof“) und Heiraten („Ich schwör, ich
       kapier’s nicht“), dann sie.
       
       Da kann ZDFneo froh sein, dass wenigstens Kuttner keine Kopie ist.
       
       10 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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