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       # taz.de -- Ein Landkreis lenkt ein: Kehrtwende im Fall Suada D.
       
       > Die Romni Suada D. darf doch bleiben: Die Berufung gegen ein Urteil
       > zugunsten von D. lassen der Landkreis Wittmund und Niedersachsens
       > Innenministerium nun fallen.
       
   IMG Bild: Einsichtig: Niedersachsens Innenminister Pistorius
       
       HANNOVER taz | Am Internationalen Tag der Roma und Sinti kam das Einlenken.
       Die 29-jährige Romni Suada D. aus dem Landkreis Wittmund und ihre drei
       minderjährigen Kinder sollen ein Bleiberecht erhalten, teilten
       Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) und der Landkreis am
       Dienstagabend kurz vor Redaktionsschluss mit. Den Rechtsstreit um eine
       Aufenthaltsgenehmigung für D., die seit 1991 als Geduldete in Deutschland
       lebt, werde man nicht weiter betreiben.
       
       Dass D. ein Bleiberecht zusteht, hatte das Verwaltungsgericht Oldenburg
       schon im Mai 2013 geurteilt. Es hatte sich auf die Europäische
       Menschenrechtskonvention und die jahrelange Verwurzelung von D. im
       ostfriesischen Friedeburg berufen. Dort sei sie „in das soziale und
       gesellschaftliche Leben gut integriert“. Eine Abschiebung nach Serbien sei
       ein „unverhältnismäßiger Eingriff in das Privatleben“, so das Urteil
       weiter.
       
       Die zuständige Ausländerbehörde des Landkreises Wittmund legte dagegen 2013
       umgehend beim Oberverwaltungsgericht Oldenburg Berufung ein. Auf Drängen
       des Innenministeriums, wo Minister Pistorius nur Wochen vor dem
       Gerichtsentscheid zu seinem Amtsantritt einen Paradigmenwechsel hin zu
       einer humanitäreren Flüchtlingspolitik versprochen hatte. Und noch Ende
       vergangener Woche, als die taz erstmals über Suada D. berichtete, beharrte
       man auf der Berufung. Man begrüße eine Klärung in letzter Instanz, erklärte
       das Innenministerium da: „Im Interesse einer Gleichbehandlung bei
       vergleichbaren Sachverhalten.“ Zurückgerudert ist man nun nach einer
       erneuten „juristischen und politischen Überprüfung“, wie es Innenminister
       Pistorius formuliert.
       
       Er selbst hat nach eigenem Bekunden erst im Zuge der Berichterstattung vom
       Fall Suada D. erfahren. Das Vorgehen sei aus seiner Sicht „nicht
       schlüssig“, sagte Pistorius der taz. Und das spätestens, seit sich die
       schwarz-rote Bundesregierung vergangenen Oktober in ihrem Koalitionsvertrag
       auf ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht für langjährig Geduldete wie
       Suada D. geeinigt hat. Auf Landesebene lässt Pistorius zudem derzeit einen
       Erlass erarbeiten, der die Ausländerbehörden anweist, das humanitäre
       Aufenthaltsrecht für Geduldete „großzügig“ anzuwenden. Entsprechend groß
       war die Irritation über das Vorgehen im Fall Suada D.. Nicht nur bei
       Flüchtlingsinitiativen. Die Grünen-Migrationspolitikerin Filiz Polat
       forderte das Innenministerium auf, „schnell Klarheit“ zu schaffen. Und auch
       in den Reihen der SPD bereitete der Fall manchen Bauchschmerzen.
       
       Auf „administrativer Ebene“ hätte man schon vor Monaten einlenken und die
       Berufung gegen das Urteil zugunsten von D. aufgeben können, räumt Pistorius
       ein. Denn stattdessen sei es „wichtiger, der Familie zu helfen“.
       
       9 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Teresa Havlicek
       
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