URI: 
       # taz.de -- Kommentar Linkspartei und C-Waffen: Die Neinsager
       
       > Die Linken inszenieren sich als antimilitaristisch – wie grotesk, dass
       > sie eine Beteiligung an der Zerstörung der syrischen C-Waffen ablehnen.
       
   IMG Bild: Hier werden Syriens C-Waffen vernichtet: im Inneren des US-Schiffs „MV Cape Ray“
       
       Es gibt viele gute Gründe, jeden Einsatz von Militär vorsichtig, ja
       misstrauisch unter die Lupe zu nehmen. Das gilt besonders in Deutschland,
       gerade nach den von deutschen Generälen mitverschuldeten Gewaltkatastrophen
       des letzten Jahrhunderts.
       
       Wir brauchen eine wachsame, militärkritische Öffentlichkeit, die ein Gespür
       hat, wo sich Eskalationsrisiken verbergen. Wie ungemein mühsam reale
       Fortschritte in diese Richtung sind, zeigen die Waffenexporte. Die Große
       Koalition hat vor ein paar Tagen beschlossen, dass das Parlament ein
       bisschen mehr Information über Rüstungsexporte bekommen soll. Das Minimum –
       eine wirksame parlamentarische Kontrolle, die die SPD im Wahlkampf noch
       vollmundig gefordert hatte – ist das nicht. Von einem Exportverbot für
       Kleinwaffen, den derzeit tödlichsten Exportschlager aus Deutschland, ist
       sowieso keine Rede.
       
       Die Linkspartei inszeniert sich gern als einzige antimilitaristische Kraft.
       Umso grotesker ist, dass die GenossInnen sich nicht zu einem Ja zum Einsatz
       einer Bundeswehrfregatte durchringen konnten, die die Vernichtung syrischer
       Chemiewaffen absichern soll.
       
       Die Argumente der Neinsager sind fadenscheinig. Mal heißt es, die
       Absicherung des Giftgas-Transports funktioniere auch ohne Bundeswehr. In
       dieser Ohne-uns-Logik überlässt man das Notwendige dem US-Militär, das man
       gleichwohl weiterhin inständig für das Böse hält. Manchmal wird dunkel
       geraunt, dass die Fregatte bald bei einem Nato-Militärschlag in Syrien
       mitschießen könnte. Damit ist rationales Abwägen endgültig durch
       Verdachtsrhetorik und Paranoia ersetzt.
       
       Das Standardargument der Neinsager lautet: Wer einmal Ja sagt, öffnet dem
       Opportunismus Tür und Tor. Das ist falsch. Politik setzt
       Unterscheidungsvermögen voraus. Die Fregatte wird in einem defensiven
       Einsatz helfen, Massenvernichtungsmittel aus einem Kriegsgebiet zu
       schaffen. Wer glaubt, ein Ja zu diesem Einsatz ziehe zwangsläufig
       irgendwann ein Ja zu einem Angriffskrieg nach sich, der irrt. Die
       Befürchtung entsteht entweder aus betoniertem Dogmatismus. Oder es ist die
       Angst, diese Linie selbst nicht ziehen zu können.
       
       Die Linkspartei ist eine antimilitaristische Kraft, die zu Recht
       Waffenexporte kritisiert. Wenn sie auch weiterhin ihre ideologischen
       Reinheitsgebote praktischen Abrüstungsschritten vorzieht, macht sie sich
       lächerlich.
       
       10 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Die Linke
   DIR Chemiewaffen
   DIR OPCW
   DIR Parteitag
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Sevim Dagdelen
   DIR Homs
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Massenvernichtungswaffen-Vernichtung: 600 Tonnen syrisches Giftgas zerstört
       
       Schneller als geplant gelang es, den Teil der Chemiewaffen zu zerstören,
       der auf dem US-Schiff Cape Ray gelagert wurde.
       
   DIR Parteitag der Linken in Berlin: Fast befriedet
       
       Nach den erbitterten Flügelkämpfen der letzten Jahre hat sich die
       Linkspartei beruhigt. Katja Kipping und Bernd Riexinger werden in ihren
       Führungsämtern bestätigt.
       
   DIR Bundestag zu Zerstörung der C-Waffen: Fünf Linke für die Marine
       
       Der Einsatz einer Bundeswehrfregatte zur Sicherung der
       Chemiewaffenzerstörung spaltet die Linksfraktion. Die Mehrheit votiert
       dagegen.
       
   DIR Pro und Contra syrische Chemiewaffen: Ist ein Ja der Linkspartei nötig?
       
       Der Bundestag stimmt über die Bundeswehr-Beteiligung an der Vernichtung
       syrischer Chemiewaffen ab. Wie soll sich die Linke verhalten?
       
   DIR Linke uneins über C-Waffen-Vernichtung: Gysis Mission gescheitert
       
       Die Bundeswehr soll die US-Marine schützen, wenn diese mit der Vernichtung
       von Chemiewaffen aus Syrien beginnt. Das spaltet die deutsche Linke.
       
   DIR Deutsche Außenpolitik zu Syrien: Spielarten der Ratlosigkeit
       
       Deutsche Politiker greifen nach allem, damit nicht der Eindruck entsteht,
       sie ließen Syrien einfach verbluten. Bei der Flüchtlingshilfe tun sie sich
       schwer.