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       # taz.de -- Präsidentenwahl in Afghanistan: Freude und Erleichterung
       
       > Die Wahlbeteiligung in Afghanistan übertrifft alle Erwartungen,
       > Schätzungen sprechen von 60 Prozent. Befürchtete Anschläge bleiben aus.
       
   IMG Bild: 35 Prozent aller Wähler waren Frauen.
       
       KABUL taz | Nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan am vergangenen
       Samstag werden nun die Stimmen gezählt. Bis ein verlässliches Ergebnis
       vorliegt, wird es aber noch Tage oder Wochen dauern. Offiziell heißt es,
       dass das vorläufige Endergebnis am 24. April vorliegen soll, eine Stichwahl
       zu der Nachfolge von Hamid Karsai würde Ende Mai stattfinden. Die ersten
       Meldungen deuten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem paschtunischen
       Kandidaten Aschraf Ghani Ahmadsai und seinem Konkurrenten aus dem Norden
       des Landes, Abdullah Abdullah, hin.
       
       Afghanischen Presseberichten zufolge sollen beide Kandidaten mehr als 40
       Prozent der Stimmen erreicht haben. Doch voraussichtlich wird keiner der
       beiden die für die Wahl notwendigen 50 Prozent im ersten Wahlgang
       erreichen. Dennoch halten Beobachter in Kabul es für wahrscheinlich, dass
       kein zweiter Wahlgang erfolgen wird. Stattdessen würden die beiden
       Kandidaten sich auf eine Formel der Machtteilung einigen, glauben
       Diplomaten in Kabul.
       
       Währenddessen herrscht im Land allgemeine Freude über den erfolgreichen
       Ablauf der Wahl. Vor allem die hohe Wahlbeteiligung beflügelt die Afghanen.
       Der Leiter der Unabhängigen Wahlkommission, Jusuf Nuristani, erklärte bei
       einer Pressekonferenz am Samstag Abend, dass nach ersten Schätzungen über
       sieben Millionen Wähler von ihrem Wahlrecht gebrauch gemacht haben.
       
       Damit liege die Wahlbeteiligung bei ungefähr 60 Prozent und sei mehr als
       doppelt so hoch als bei den Wahlen in 2009. Schätzungsweise 35 Prozent
       dieser Wähler seien Frauen, so Nuristani. Vor vielen der mehr als 6000
       Wahllokale bildeten sich lange Schlangen. Die Wahlkommission verlängerte
       die Öffnungszeit deswegen um eine Stunde.
       
       ## 3200 Hinweise auf Anschläge
       
       Die vor den Wahlen im In- und Ausland befürchteten massiven Wahlfälschungen
       bleiben aus. Trotzdem behaupteten am Sonntag sowohl Aschraf Ghani, als auch
       der vom amtierenden Präsident Hamid Karsai unterstützte Kandidat Zalmay
       Rassul, an einigen Wahlbezirken habe es Wahlbetrug gegeben. Tatsächlich
       gibt es Hinweise dafür, dass es in Wardak und einigen anderen Provinzen
       Unregelmäßigkeiten gegeben hat. Inzwischen wurden sieben Menschen, unter
       anderem ein Mitarbeiter des Geheimdienstes, wegen versuchter Wahlfälschung
       festgenommen. Doch bisher wird davon ausgegangen, dass die Wahlergebnisse
       davon nicht maßgeblich beeinträchtigt wird.
       
       Deshalb rief auch der Sicherheitsrat der UN die Kandidaten und ihre
       Unterstützer dazu auf, die offiziellen Ergebnisse der Wahlkommission
       abzuwarten. Auch der sichere Ablauf der afghanischen Wahlen wird mit
       Erleichterung registriert. Durch außerordentlich scharfen
       Sicherheitsmaßnahmen und zahlreiche vorbeugende Operationen hatten die
       afghanischen Sicherheitskräfte die befürchteten Taliban-Angriffe auf die
       Wahllokale, auf Schlange stehende Wählerinnen und auf die Behörden
       weitgehend verhindert.
       
       Gleich nachdem die Wahllokale geschlossen wurden, gab der afghanische
       Innenminister Umar Daudsai den Tod von neun Polizisten, sieben Soldaten und
       vier Zivilisten am Wahltag bekannt. Dagegen seien landesweit 89
       Taliban-Kämpfer in Kämpfen getötet worden, sagte er.
       
       Intensive Kämpfe wurden vor allem aus den Provinzen Ghazni und Wardak
       berichtet. Deshalb mussten in einigen Bezirken dieser Provinzen die
       Wahllokale geschlossen werden. In anderen Provinzen, die sonst oft zum
       Schauplatz von Taliban-Attacken werden, wie Kandahar oder Helmand, fand am
       Wahltag kein einziger Angriff statt.
       
       Die afghanischen Behörden beschrieben die Aktionen der Taliban als
       „unbedeutend“. Laut Informationen des afghanischen Geheimdienstes NDS und
       des Verteidigungsministeriums habe es vor den Wahlen mehr als 3200 Hinweise
       auf Anschläge gegeben. Von diesen geplanten Angriffen fanden am Ende nur
       140 tatsächlich statt. Im Vorfeld der Wahl hätten die Sicherheitskräfte
       insgesamt 170 Verdächtige in Gewahrsam genommen.
       
       6 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Cem Sey
       
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