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       # taz.de -- Intervention in Zentralafrika: Europa kommt, Muslime gehen
       
       > Während die EU ihre Bangui-Truppe lanciert, will das UNHCR die letzten
       > Muslime aus der Stadt evakuieren. Sie seien nicht mehr zu schützen.
       
   IMG Bild: Ein Soldat der Afrikanischen Union schützt eine Trauerfeier für ermordete Muslime in Bangui.
       
       BERLIN taz | Es gibt überzeugendere Arten, einen Militäreinsatz zu starten
       als mit einem dürren Dreizeiler am 1. April. Der offizielle Beginn der
       EU-Intervention in der Zentralafrikanischen Republik am späten Dienstag per
       Presseerklärung auf Twitter spiegelte denn auch keine Fakten wieder,
       sondern war eher aus der Notwendigkeit geboren, vor dem EU-Afrika-Gipfel in
       Brüssel am Mittwoch Fakten zu schaffen.
       
       „Der Start dieser Operation unterstreicht das Bestreben der EU, einen
       vollen Beitrag zu den internationalen Bemühungen zur Wiederherstellung von
       Stabilität und Sicherheit in Bangui und quer durch die Zentralafrikanische
       Republik zu leisten“, sagte EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Der
       „volle Beitrag“ der EU besteht demnach aus „bis zu 1.000 Soldaten“, die in
       Bangui stationiert werden, „im Hinblick darauf, an afrikanische Partner zu
       übergeben“.
       
       Da die „afrikanischen Partner“ schon da sind, nämlich die 6.000 Mann starke
       Eingreiftruppe Misca der Afrikanischen Union, wird es wohl eher anders
       herum laufen: Einige afrikanische Kontingente und wohl auch Teile der 2.000
       Mann starken französischen Interventionstruppe Sangaris könnten Teile des
       Flughafengeländes an die EU-Truppe übergeben, um sich selbst anderen
       Aufgaben widmen zu können – beispielsweise der Schutz humanitärer
       Hilfskorridore. Erste EU-Soldaten sollen schon bis Ende dieser Woche
       eintreffen, voraussichtlich französische Gendarmen. Deutschland unterstützt
       die Mission mit Logistik und Stabssoldaten.
       
       Untätig, außer mit vereinzelten löblichen Ausnahmen, haben die
       internationalen Truppen in Bangui und anderen Städten bisher der
       massenweisen Vertreibung der einst 750.000 Menschen starken muslimischen
       Minderheit der Zentralafrikanischen Republik zugesehen. Verübt von
       antimuslimischen Milizen namens Anti-Balaka, deren Führer sich damit für
       den Sturz des früheren Präsidenten François Bozizé durch die mehrheitlich
       muslimische Rebellenbewegung Séléka im März 2013 rächen, haben diese
       Vertreibungen, begleitet von Massakern, ihr Ziel nahezu komplett erreicht.
       In Bangui leben nach UN-Schätzungen gerade mal 900 von einst 150.000
       Muslimen.
       
       ## 19.000 Menschen in Lebensgefahr
       
       Diese letzten Muslime von Bangui ebenso wie die anderer Städte im Südwesten
       sind nicht mehr zu schützen und müssen evakuiert werden, warnt jetzt das
       UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. „Sie bitten uns, sie zu evakuieren; wenn wir
       es nicht tun, ist ihr Leben in Gefahr“, sagte UNHCR-Sprecherin Fatoumata
       Lejeune-Kaba am Dienstag in Genf.
       
       Es gehe insgesamt um 19.000 Menschen – im Stadtviertel PK12 von Bangui
       sowie in den Städten, Boca, Carnot, Berberati und Bossangoa, fügte sie
       hinzu. Alle Fernstraßen in dieser Gegend würden von Anti-Balaka-Milizen
       kontrolliert, und „die werden immer angriffslustiger und immer besser
       bewaffnet“, so Lejeune-Kaba. Es werde nun überlegt, sie im Norden des
       Landes anzusiedeln – da, wo die Séléka herkommt.
       
       Wenn die eingekesselten Muslime schon weg sind bevor EU-Truppen zum Einsatz
       kommen, würde das die Mission der Eingreiftruppe erheblich vereinfachen. In
       seiner Eröffnungsrede zum Zentralafrika-Sondergipfel am Rande des
       EU-Afrika-Gipfels am Mittwoch erwähnte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy
       die Massaker und Vertreibungen sowie ihre Opfer mit keinem Wort und sprach
       nur allgemein von einer „Rachespirale“.
       
       2 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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