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       # taz.de -- Russische Werbetour für Investoren: Die Krim ist kein Problem, oder?
       
       > Der russische Vize-Ministerpräsident Dworkowitsch ist zu Besuch in
       > Dresden: Er will neue Investoren locken. Auch Engagement auf der Krim ist
       > erwünscht.
       
   IMG Bild: Gas-Pipeline in der Ostsee: Investoren sollen sich auch am Aufbau der Industrie beteiligen.
       
       DRESDEN taz | Es ist ein aus Sicht der Bundesregierung in gewissem Sinne
       völkerrechtswidriges Angebot, das Arkadi Wladimirowitsch Dworkowitsch in
       Dresden auf dem deutsch-russischen Rohstoffforum am Mittwoch machte. „Die
       russische Föderation wird aktiv an der Entwicklung der Regionen arbeiten,
       und wir laden Sie dazu ein mitzumachen“, sagte der stellvertretende
       russische Ministerpräsident vor etwa 350 Gästen aus Politik und Wirtschaft.
       Gemeint waren die Regionen Sewastopol und Krim, die sich laut Dworkowitsch
       kürzlich freiwillig seinem Land angeschlossen haben.
       
       Der Satz ist bemerkenswert. Die Welt erkennt die russische Annexion der
       Krim nicht an, EU und USA verhängen symbolische Sanktionen, und Putin
       schickt mit Dworkowitsch einen eloquenten, 42 Jahre jungen
       Wirtschaftsfachmann mit US-Studienabschluss nach Deutschland, der sinngemäß
       sagt: Investiert lieber, statt euch so zu ärgern, gern auch auf der Krim.
       
       Das ist entweder ein Affront oder ein unerschütterlicher Glaube an die
       normative Kraft der Wirtschaft: Wenn die Investoren aus Europa auf die Krim
       kommen, dann folgt irgendwann auch die De-facto-Anerkennung durch die
       Politik, könnte das Kalkül lauten. Auch wenn es niemand ausspricht.
       
       Dworkowitsch sprach sogar explizit die liberale Theorie vom Frieden durch
       Handel an: Zwischen Russland und Deutschland gebe es Verbindungen, die es
       keiner Regierung möglich machten, die Beziehungen zu unterbinden. Das würde
       den Bürgern nicht guttun – ökonomisch. „Wir sprechen letztendlich eine
       Sprache: die der Wirtschaftsbeziehungen und der Partnerschaft“, sagte
       Dworkowitsch.
       
       ## Steinmeier hat abgesagt
       
       Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) pflichtete
       ihm bei: „Die Zukunft kann nur Kooperation sein.“ Vertreter der deutschen
       Bundesregierung waren aber nicht anwesend, Außenminister Frank-Walter
       Steinmeier (SPD) hatte kurzfristig abgesagt. Ranghöchster aktiver Politiker
       aus Deutschland war der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich
       (CDU).
       
       Die Einschätzungen von Dworkowitsch, Stoiber und anderen stehen im
       Gegensatz zu den Bestrebungen auf EU-Ebene, sich von Russlands Rohstoffen
       zu lösen: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel warf erst am Montag der
       EU-Kommission vor, zu wenig gegen die Abhängigkeit Osteuropas von
       russischem Gas zu tun, während der polnische Ministerpräsident Donald Tusk
       wiederum Deutschland für seinen russischen Gasbezug rügte.
       
       ## Nicht nur Rohstoffe ordern
       
       Ungeachtet dessen werben russische Vertreter um mehr Partnerschaft: „Die
       Zeiten der einfach zu erschließenden Rohstoffe sind vorbei“, sagte etwa
       Natalia Komarowa, Gouverneurin des Kreises Chanty-Mansijsk. Sie lud
       deutsche Firmen ein, sich an Exploration und Erschließung zu beteiligen.
       
       Das zeigt: Zwar braucht die EU russische Rohstoffe, mindestens genauso
       dringend braucht Russland Technik und Geld, um die immer schwerer zu
       erschließenden Öl- und Gasquellen anzapfen zu können. Noch in diesem Jahr
       will Russland beispielsweise seinen Anspruch auf ein größeres Hoheitsgebiet
       im nördlichen Eismeer vor den Vereinten Nationen durchsetzen, um auch dort
       Rohstoffe zu fördern – für die es Investoren braucht.
       
       Dworkowitsch sprach sogar davon, die „Abhängigkeiten zu vertiefen“ – und
       russische Vertreter machten deutlich, wie: Europas Elektroindustrie ist
       fast komplett abhängig von Seltenen Erden aus China – Ironie, dass sich
       hier Russland der EU als Lieferant anbietet, damit Europa mehr
       Versorgungssicherheit bei diesen Ressourcen erhält.
       
       2 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
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