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       # taz.de -- Kommentar Mindestlohn: Nur dilettantisch
       
       > Der Kabinettsentwurf zu den neuen Ausnahmen beim Mindestlohn verrät: Er
       > wird immer löchriger. Jetzt sind auch Langzeitarbeitslose betroffen.
       
   IMG Bild: Kommt, aber längst nicht für alle: der Mindestlohn.
       
       Union und Wirtschaftsverbände haben ihr Ziel erreicht: Der Mindestlohn ist
       doch nur noch Flickwerk. Nun sollen auch Langzeitarbeitslose kein Recht auf
       8,50 Euro Bezahlung pro Stunde haben. Das ist arbeitsmarktpolitischer
       Dilettantismus.
       
       Denn es schafft den Anreiz, einen Arbeitslosen nur noch für sechs Monate
       anzustellen: hat er nach dieser Zeit Anspruch auf 8,50 Euro, kann er
       einfach vor die Tür gesetzt werden, um den nächsten Arbeitslosen
       anzuheuern. Das ist keine Schwarzmalerei. Dort, wo Schlupflöcher
       existieren, werden sie genutzt, das zeigen alle Erfahrungen. Außerdem kann
       die Regelung dazu führen, Zeiten der Arbeitslosigkeit künstlich zu
       verlängern: Denn ein künftiger Chef weiß nun, dass ein neuer Mitarbeiter
       nach einem Jahr zum Dumpinglohn zu haben ist. Damit aber zementiert die
       große Koalition just die prekäre Situation der Arbeitslosen, die sie zu
       bekämpfen vorgibt.
       
       Das Gegenargument, es gehe aber doch um schwer vermittelbare Arbeitslose,
       die für 8,50 Euro nicht eingestellt würden, ist fadenscheinig. Als
       langzeitarbeitslos gilt, wer länger als ein Jahr auf Stellensuche ist.
       Darunter sind auch Menschen, die gut ausgebildet und qualifiziert sind und
       bisher bei der Stellensuche Pech hatten. Sie und alle anderen
       Langzeitarbeitslosen werden mit der neuen Ausnahme beim Mindestlohn weiter
       in der Abwertungsspirale gehalten, die Rot-Grün mit den Hartz-Reformen in
       Gang gesetzt hat.
       
       Der neue Kompromiss ist aber noch aus einem weiteren Grund ein
       Offenbarungseid der sozialdemokratischen Bundesarbeitsministerin Andrea
       Nahles. Sie hat immer wieder stolz darauf hingewiesen, sich beim
       Mindestlohngesetz auf keine Ausnahmen, schon gar nicht für einzelne
       Berufszweige oder Branchen einzulassen. Aber auch diese sind nun durch die
       Hintertür teilweise möglich: Denn in Branchen wie dem Hotel- und
       Gaststättengewerbe oder in der Landwirtschaft werden Saisonkräfte häufig
       nur für ein paar Monate in der Urlaubs- oder Erntezeit beschäftigt.
       
       Künftig hat man auch hier ein billiges Reservoir an langzeitarbeitslosen
       Niedriglöhnern zur Verfügung. Denn diese sind der großen Koalition nicht
       einmal 8,50 Euro wert.
       
       2 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eva Völpel
       
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