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       # taz.de -- Klimagipfel zur Energiewende: Die Industrie freut's auch
       
       > Überraschende Einigung beim EEG-Gipfeltreffen: Wind und Biomasse werden
       > stärker ausgebaut. Damit gab Sigmar Gabriel Forderungen der Länder nach.
       
   IMG Bild: Machte Zugeständnisse: Sigmar Gabriel, im Hintergrund Angela Merkel.
       
       BERLIN taz | Damit hat kaum jemand gerechnet: Nachdem alle Beteiligten im
       Vorfeld die Erwartungen gedämpft hatten, brachte der Bund-Länder-Gipfel zur
       Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes am späten Dienstagabend doch noch
       „ein hohes Maß an Einigkeit“, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im
       Anschluss an das fast vierstündige Treffen berichtete.
       
       An die Kanzlerin hatten sich vor Beginn des Treffens noch Aktivisten von
       Greenpeace gewandt: Auf einem überdimensionalen SPD-Logo, das die Zufahrt
       zum Kanzleramt versperrte, forderten sie sie auf, die Energiewende „vor
       dieser Kohle-SPD“ zu retten. Doch möglich wurde die Einigung am Ende nicht
       durch Merkel, sondern dadurch, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar
       Gabriel (SPD) in vielen Punkten den Forderungen der Länder nachgab.
       
       Bei der Windenergie an Land etwa werden die Vergütungssätze so geändert,
       dass sich neue Windräder auch im Binnenland noch rechnen. Zudem bezieht
       sich das geplante Ausbauziel von 2500 Megawatt im Jahr nun wie von den
       Ländern gefordert auf den tatsächlichen Netto-Zubau. Alte Anlagen, die im
       Gegenzug abgebaut werden, werden also abgezogen. Baden-Württembergs
       Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lobte dies als „guten
       Kompromiss“.
       
       Auch für die wegen ihrer hohen Kosten umstrittenen Windkraftanlagen im Meer
       wurden die Bedingungen weiter verbessert: Die Vergütung für deren Strom
       soll bis 2019 nur halb so stark sinken wie bisher geplant. Zudem sollen
       mehr Anlagen als vorgesehen genehmigt werden, um sicherzustellen, dass das
       geplante Ausbauziel von insgesamt 6500 Megawatt bis 2020 auf jeden Fall
       erreicht wird. „Das ist ein guter Tag für die Windenergie in Deutschland“,
       kommentierte Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsident Torsten Albig.
       
       Nicht durchsetzen konnten die Länder lediglich, dass der Stichtag für die
       Neuregelung verschoben wird – für Albig „kein Punkt, an dem das Verfahren
       scheitern wird“.
       
       ## „Massive Wettbewerbsprobleme“
       
       Zufrieden zeigte sich auch Christine Lieberknecht, CDU-Ministerpräsidentin
       aus Thüringen. Denn bei der Stromerzeugung aus Biomasse setzten die Länder
       durch, dass die dort geplante Begrenzung auf 100 Megawatt pro Jahr nur für
       Neu-Anlagen gilt, nicht aber für die beliebte Erweiterung bestehender
       Anlagen. Durch all diese Änderungen soll die EEG-Umlage, mit der der Ausbau
       der Ökostrom-Kraftwerke finanziert wird, nach Aussage von Gabriel bis 2020
       gegenüber den bisherigen Plänen um nicht mehr als 0,2 Cent steigen. Derzeit
       liegt sie bei 6,24 Cent pro Kilowattstunde.
       
       Besonderen Grund zur Freude hat auch die Industrie. Bund und Länder zeigten
       sich absolut einig, dass diese keinesfalls zusätzlich belastet werden soll.
       Die weitgehende Befreiung energieintensiver Unternehmen, die von der EU
       kritisch gesehen wird, müsse erhalten bleiben, um „massive
       Wettbewerbsprobleme“ zu verhindern, sagte Gabriel – und stieß damit auf
       allgemeine Zustimmung. „Gegenüber Brüssel sprechen wir alle mit einer
       Stimme“, betonte Albig.
       
       Endgültig vom Tisch sind nach dem Gipfel auch die Pläne von Gabriels
       Ministerium, dass zumindest eine verringerte EEG-Umlage auch auf Strom
       erhoben wird, den Unternehmen in eigenen Kraftwerken erzeugen und
       selbstverbrauchen. Dagegen hatte unter anderem Nordrhein-Westfalen
       protestiert. Auch Erweiterungen bestehender Kraftwerke sollen von der
       Abgabe befreit bleiben. Lediglich bei neuen Kraftwerken soll für den selbst
       verbrauchten Strom eine Abgabe bezahlt werden, die bei konventionellen
       Anlagen höher sein soll als bei solchen, die erneuerbare Energien oder die
       effiziente Kraft-Wärme-Kopplung nutzen. Die Details dafür sind noch offen.
       
       Sein Nachgeben gegenüber den Ländern sah Gabriel nicht als Niederlage,
       sondern als „guten Kompromiss“, der keine spürbaren Mehrkosten bringe. Auch
       die Kanzlerin bedachte ihn am Ende mit einen Satz, der wohl als Lob gemeint
       war: „Man kann vielleicht auch sagen, dass der Entwurf des
       Bundeswirtschaftsministers schon eine relativ gute Ausgangslage war.“
       
       2 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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